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Friday, 5.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Ortsamt Horn-Lehe führt Terminvergabe per Kurznachricht ein. "Rationalisierungspotenzial vorhanden". Innenressort verstimmt.
Als bundesweit erstes Ortsamt testet die Behörde im Bremer Stadtteil Horn-Lehe jetzt ein Pilotprojekt, das weitreichende Signalwirkung haben könnte: die Terminvergabe per SMS. Die Vorteile liegen buchstäblich auf der Hand: Kein lästiges Nummernziehen und Warten mehr vor Ort, sondern bequemes Simsen per Handy auch am Wochenende oder nach Feierabend von jedem beliebigen Fleck aus. Der Outlook-Kalender im Ortsamt funkt dann automatisch die Antwort zurück aufs Handy, die man dann nur noch bestätigen braucht oder aber auch stornieren kann. Einer aktuellen Umfrage unter Horner Bürgern zufolge besitzen und benutzen 86 Prozent der Bevölkerung ein Handy. Über einen Internetzugang verfügen hingegen nur 68 Prozent. Wir haben uns daher für das Handy als Kommunikator entschieden. Als moderner Dienstleister, der unsere Verwaltung ja sein möchte, können und wollen wir uns zukunftsträchtigen Medien nicht länger verschließen", begründet Ortsamtsleiter Ulrich Mix den Schritt in die Virtualität. Möglich wurde die Neuerung durch die spezielle Software SAM, entwickelt von den beiden Bremer Firmen Signum GmbH und ID Bremen GmbH. Da das Ortsamt sich als "Versuchskaninchen" zur Verfügung stellt, kostet die Behörde das Projekt bislang nichts: eine Art Gratisprobe sozusagen. "Wir versprechen uns davon eine gehörige Entlastung der Sachbearbeiter", formuliert Ortsamtsleiter Ulrich Mix die mit dem Pilotprojekt verknüpften Hoffnungen. An personelle Einsparpotenziale sei im Moment zwar nicht gedacht. "Doch langfristig verbinden wir damit natürlich auch ein entsprechendes Rationalisierungspotenzial", verkündet Mix. Folglich gibt es bereits weitere Interessenten an dem Programm, neben Ämtern aus dem gesamten Bundesgebiet auch das Bremer Ortsamt Obervieland. "Wir würden unsere Behörde gern als zweites Modellprojekt zur Verfügung stellen", so Ortsamtsleiter Jens Fricke. "Zu mehr Flexibilität und Bürgernähe wollen wir schließlich alle gelangen."

Für Signum-Geschäftsführerin Brigitte Brünjes spielt ein weiteres Argument eine entscheidende Rolle: "Wir wollen Bremen als bundesweit herausragenden Standort im IT-Dienstleistungssektor für die Verwaltung etablieren." Die Bürger sollen hier hautnah erleben, was E-Government heutzutage wirklich bedeute. "Wir schaffen Akzeptanz für neue Technologien und Medien nur, indem wir Mehrwert schaffen. Und darunter fällt ganz klar die Zeitersparnis, die eine solch virtuelle Terminvergabe schließlich bedeutet." Brünjes verweist auch auf die bereits seit drei Jahren erfolgreich aktivierte Software PUMA für die Bremer Personalverwaltung. Für den Herbst sei nun ein Ratsinformationssystem geplant zur Unterstützung verwaltungsinterner Abläufe. Auch im Finanzressort laufen derweil Vorbereitungen in Sachen E-Government. Nach Angaben von Senatssprecher Matthias Ordolf sind ein virtuelles Personalbüro, ein Mitarbeiterportal und ein Dokumentationsmanagement in Planung.

Verstimmt zeigte sich indes Markus Beyer, Sprecher des Senats für Inneres, Kultur und Sport: "Den Alleingang des Herrn Mix finden wir schon merkwürdig. Das Pilotprojekt entstand ohne unser Wissen. Wenn die Firma etwas verkaufen möchte, soll sie zu uns kommen und mit uns reden. Bislang ist dies aber nicht geschehen." Beyer verweist auf das geplante Bürgerservice-Zentrum Mitte, das auch virtuelle Dienste anbieten werde. "Nicht alles ist ja gleich auf Anhieb gut, nur weil es virtuell ist. So wird die digitale Signatur bei den Bürgern nur äußerst schleppend angenommen." Auch Innensenator Kuno Böse sei für ein "lebenslagenorientiertes Angebot": "Die Akten sollen zu den Bürgern laufen, nicht umgekehrt."

Quelle: Die Welt
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