Today 432

Yesterday 662

All 39463340

Wednesday, 3.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Osnabrück, 23.03.2002: Der Weg ins virtuelle Rathaus ist noch recht mühselig
Von Frank Wiebrock

Keine Frage, die Stadt- und Kommunalportale haben einen guten Namen. Genau genommen wahrscheinlich wohl einen der besten: Wer Informationen über die eigene oder eine fremde Stadt sucht, dürfte es wohl fast immer zunächst unter dem Stadtnamen versuchen. Auch bei der Recherche in Suchmaschinen und Katalogen wird Stadtname.de in der Regel ganz oben aufgelistet. Während die kommunalen Auftritte immer bunter und vielfältiger werden, ist der virtuelle Gang ins Rathaus noch voller Hindernisse. Trifft die Studie „Technologiekompass 2005“ der Unternehmensberatung Mummert und Partner zu, wird sich das „virtuelle Rathaus“ in Deutschland auch in den kommenden Jahren nicht durchsetzen. Aus Geldmangel bei Bund, Ländern und Kommunen, so die Prognose.

Das Geld ist ein Grund, es gibt auch noch andere: „Ein Problem ist die digitale Signatur“, erläutert Clemens Jäger, der im Osnabrücker Presseamt den Internetauftritt der Stadt redaktionell betreut. Für zwei oder drei Amtsbesuche im Jahr werde kaum ein Bürger in die nötige Hardware investieren, sondern doch die Behörde aufsuchen, wenn etwas unterschrieben werden müsse. Im „virtuellen Rathaus“ der Stadt werden deshalb auch nur Verwaltungsakte online angeboten, die keiner Unterschrift oder der gleichwertigen digitalen Signatur bedürfen. Anders sehe die Rechnung natürlich bei Unternehmen und Firmen aus, die regelmäßig in den Amtsstuben zu Gast seien. Hier könne die Investition in die digitale Signatur durch aus lohnend sein.

Ein anderes Problem: Wer sich im „virtuellen Rathaus“ einer Kommune orientiert und zurechtgefunden hat, kann sich am Internetauftritt einer anderen Stadt immer noch die Zähne ausbeißen. Ähnliche Probleme gibt es hinter den Kulissen: innerhalb einer Verwaltung, aber auch zwischen verschiedenen Verwaltungen. Spätestens wenn mehrere Behörden beteiligt sind, droht dem virtuell engagierten Bürger noch der reale Nervenzusammenbruch: Beim Surfen von Behörden-Site zu Behörden-Site kann schon mal der Überblick verloren gehen – ähnlich wie bei realen Behördengängen. Deshalb fordert und fördert der Bund „übertragbare Lösungen“.

Immerhin, der große Durchbruch solle nicht mehr allzu fern sein, verkündet zumindest die Meller Mindwerk AG. Das in Zusammenarbeit mit bremen online services von Mindwerk angebotene „Web-Komplettpaket Citywerk“ erlaubte erstmals die Integration von Internet-Auftritten, Marktplatz, E-Government und elektronischer Signatur, so die Werbung. Eine der Stärken der Software: Formulare könnten von den Bürgern online bearbeitet und direkt an die zuständigen Ämter in den Kommunen, den Landkreis oder dem Landes- und Bundesbehörden weitergeleitet werden. Dazu gibt es „Citywerk commerce“, mit dem das Kommunalportal zu einem „lebendigen Marktplatz“ ausgebaut werden könne, „finanziert zum Beispiel gemeinsam mit starken Partnern aus der Wirtschaft“.

Allerdings: Was sich in der Theorie so wunderschön anhört, ist in der Praxis nicht ganz so einfach: Die „gemeinsame Finanzierung mit starkem Partner“ ist so einfach auch nicht – die „Partner“ wollen schließlich nicht nur investieren, sondern irgendwann auch verdienen. Und das dürfte auch bei den gut besuchten Stadtportalen nicht ganz einfach werden. Zudem ist wirtschaftliche Betätigung für Kommunen ein heikles Thema. In der Regel muss dazu der kommunale Auftritt in eine eigene Gesellschaft überführt werden. Einige, vor allem große Kommunen haben diesen Weg gewählt, andere bleiben zurückhaltend. Zu Letzteren gehört derzeit Osnabrück: Nicht einmal Werbung ist auf dem städtischen Internet-Auftritt zu finden. „Das ist der Preis für Seriosität“, so Jäger.

Und die Zukunft? Infotainment werde auch in Stadtportalen eine immer größere Rolle spielen, vermutet Jäger. „Für uns ist das kein Tabu – wenn es zur Attraktivitätssteigerung beiträgt.“ Und natürlich der Service. Zudem sei ein gelungener Internetauftritt auch ein Imagefaktor für eine moderne Verwaltung. Blieben eigentlich nur noch die Probleme mit der digitalen Signatur und mangelnder Kompatibilität zwischen den Behörden zu lösen . . .

Hier finden Sie den Originaltext.
Go to top