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Monday, 8.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Verwaltung trifft aufs Internet: Der Aufbau von E-Government lahmt, weil der Staat kein Geld hat.

Nummer ziehen und warten: Gerade die Behörden, mit denen Bürger oder Unternehmer am häufigsten zu tun haben, bevorzugen den persönlichen gegenüber dem elektronischen Kontakt. Anträge per Internet stellen oder Formulare am Computer ausfüllen - das bleibt in den deutschen Landkreisen, Städten und Gemeinden weiter die Ausnahme. Das Verwalten mit Hilfe elektronischer Medien, also E-Government, zieht nur langsam Einzug in die Amtsstuben. An den Beamten liegt das nicht, haben das Fraunhofer Institut und die Wegweiser GmbH bei einer Umfrage unter 800 Behörden herausgefunden. E-Government scheitert vor allem am fehlenden Geld. "Die schwierige finanzielle Lage der öffentlichen Hand wirkt sich negativ auf das Investitionsklima aus", sagt Oliver Lorenz, Geschäftsführer von Wegweiser. In fast der Hälfte aller Verwaltungen verzögere sich deshalb der Aufbau von Internetangeboten. Besonders stark zurück liegen Kreise und Kommunen. Bund und Länder hingegen haben ihre selbst gesteckten Ziele weitgehend erreicht.

Abläufe standardisieren und vereinfachen

Die Beamten selbst erwarten sich von E-Government vor allem eine Entlastung: sie schwören auf die höhere Effizienz durch die steigende Geschwindigkeit beim Bearbeiten von Formularen. Kostenargumente spielen in Behörden - anders als in der Industrie - laut Umfrage keine entscheidende Rolle.

Dabei liege darin der Vorteil von E-Government, sagt Wegweiser-Geschäftsführer Lorenz: "Abläufe können vereinfacht und standardisiert werden - langfristig spart das natürlich auch Personal ein." Lorenz wehrt sich dagegen, das überfrachtete Regelwerk der Bürokratie in die virtuelle Welt der Computer zu übertragen. "Je simpler das Vorgehen, um so deutlicher der Spareffekt." Insofern könne E-Government helfen, eine schlankere und zugleich effektivere Verwaltung zu schaffen.

Sparen lässt sich durch das Internet schon heute. Drei von vier befragten Verwaltungen erwarten, dass sich die Investition spätestens nach drei Jahren rentiert. Allerdings werden die Hoffnungen nur selten mit der Realität abgeglichen: Nur zehn Prozent verfolgen, ob sich das Setzen auf die bessere Informationstechnologie (IT) tatsächlich rentiert.

Offen für E-Government

Grundsätzlich abgelehnt werden moderne Technologien allerdings nicht. Nur elf Prozent der befragten Verwaltungen gaben an, E-Government weder zu nutzen noch zu planen. Insbesondere Städte und Gemeinden mit weniger als 50.000 Einwohnern meinen mitunter, darauf verzichten zu können. Bei Kommunen mit mehr als 500.000 Einwohnern gestehen volle 100 Prozent dem E-Government eine "hohe oder sehr hohe Bedeutung für die eigene Verwaltung" zu.

"Das deutet auf eine sehr große innere Bereitschaft der Verwaltungen zur Modernisierung hin", sagt Wegweiser-Geschäftsführer Lorenz. Die Wertschätzung sei ungefähr so hoch wie die in der Industrie für E-Business, "obwohl sich Lösungen dort schon weiter etabliert haben".

Vom E-Government profitieren derzeit die Verwaltungen selbst noch am stärksten. Auf der Länder- und Bundesebene sind es vorrangig die Verwaltungen von Ländern und Bund, die neue Angebote zu nutzen wissen. Außerhalb des Bürokratieuniversums werden die Angebote vorrangig den Bürgern zugänglich gemacht. Die Vernetzung mit Unternehmen hängt zeitlich nach, "obwohl für diese Dienstleistungen oft eine höhere Akzeptanz beziehungsweise Rationalisierungsmöglichkeiten für die Abwicklung von Verwaltungsprozessen spricht", sagt Lorenz.

IT-Infrastruktur muss besser werden

Für dauerhaft rationellere Verwaltungsprozesse bedarf es allerdings einer besseren IT-Infrastruktur. Darin sind sich die Behörden auf allen Ebenen einig. Nur jede vierte Verwaltung geht davon aus, dass die eigene Infrastruktur noch in zwei Jahren ausreichen wird, um zunehmende Anforderungen zu wuppen. Den stärksten Bedarf sehen die befragten Beamten in den Bereichen Weiterbildung und beim Umstieg auf Standardsoftware. Die Zeit von individueller Software scheint abzulaufen. Wegweiser-Geschäftsführer Lorenz: "Trotz der schwierigen Haushaltslagen wird weiterhin der Schwerpunkt im IT-Bereich gesetzt."

Um E-Government schneller in den Behörden zu verankern, fordern Wegweiser und Fraunhofer Institut die Stärkung der elektronischen Signatur als Voraussetzung für rechtssicheres E-Government und mehr Angebote, die sich spezifisch an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. Darüber hinaus regen sie an, Verwaltungsverfahren deutschlandweit zu vereinheitlichen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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