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Saturday, 29.06.2024
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Laut Beobachtern kein Beweis für möglichen Betrug | Kritiker sehen Bedenken dennoch nicht ausgeräumt | OSZE bemängelt fehlende Standards für Wahlmaschinen | Vertrauen durch Papierausdrucke leicht wiederherstellbar Trotz einiger Probleme wird der Einsatz der Wahlmaschinen bei den Präsidentschaftswahlen am Dienstag in den USA von einigen Beobachter und Verantwortlichen als Erfolg gewertet. Die OSZE bemängelte jedoch das Fehlen einheitlicher und verbindlicher Zulassungsstandards für deren Verwendung.

"Ich habe viel schlimmeres erwartet", meinte etwa Ted Selker vom CalTech/MIT Voting Technology Project [CMVTP], es seien große Verbesserungen getroffen worden. Er zeigte sich überzeugt, dass der breite Einsatz der Wahlmaschinen die Wahl korrekter habe ablaufen lassen als im Jahr 2000.

Die Wahlbeobachter der Election Protection Coalition haben allerdings von 1.100 Beschwerden berichtet, die schwerwiegendsten davon in Florida und Texas, wo Touchscreen-Maschinen offensichtlich Probleme bei der richtigen Auswahl der Kandidaten bereiteten.

Auffallend oft meldeten sich Personen, die den Demokraten John Kerry wählen wollten und beim Bestätigungsschirm stattdessen Präsident George W. Bush vorgesetzt bekamen. Stromausfälle oder fehlende Speicherkarten, wie sie bei früheren Testwahlen mehrmals aufgetreten sind, wurden allerdings keine berichtet.

1.100 Probleme mit Wahlmaschinen

Die Wahlbeobachtungskommission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa [OSZE] kritisierte in ihrer vorläufigen Einschätzung das Fehlen verbindlicher Standards für elektronische Wahlmaschinen, das teilweise für das Misstrauen verantwortlich sei. Dieses könnte bis zur Einführung solcher Standards durch nachprüfbare Wahlbelege recht einfach ausgeräumt werden.

OSZE-Bericht[pdf]

Kein Betrug beobachtet

Die Vorfälle wurden von den Mitgliedern CMVTP allerdings größtenteils abgetan. Selker räumte zwar ein, dass diese bei zukünftigen Wahlen beachtet werden müssten, bei diesen Wahlen seien die Fehler ab er noch rechtzeitig korrigierbar gewesen. Zudem seien es zu wenige Vorfälle gewesen, um das Resultat der Wahl nachhaltig zu beeinflussen.

Die Probleme mit dem Erscheinen der Auswahl beim falschen Kandidaten schob Selker auf das "Parallax"-Phänomen, wonach die Schirme nicht im richtigen Sichtwinkel zu den Wählern ausgerichtet waren und diese daher auf den falschen Punkt drückten. Er sieht keine Beweise für einen Wahlschwindel.

Auch die Hersteller der Wahlmaschinen, vertreten durch die Interessensgruppe Information Technology Association of America [ITAA], zeigten sich naturgemäß vom Dienstag überzeugt.

Entgegen aller Unkenrufe hätten die Maschinen wundervoll funktioniert und akkurate Ergebnisse geliefert. Die Wähler würden sie lieben, meinte ITAA-Präsident Harris Miller.

Größter Testlauf für E-Voting

Papierausdrucke als Beleg gefordert

E-Voting-Kritiker Avi Rubin von der John Hopkins Universität in Baltimore sieht im Fehlen eines Betrugs dennoch keinen Freibrief für die elektronischen Wahlmaschinen. Die verwendete Software sei das Problem und es sei zudem nur eine Frage der Zeit, bis derart unsichere Maschinen von jemand angegriffen werden würden.

David Jefferson vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien meint, dass die Wissenschaftler vor allem durch die fehlende Möglichkeit der Überprüfung beunruhigt sind.

Das kein grober Fehler beobachtbar war, heiße noch lange nicht, dass es keinen gegeben habe. Auch Rubin sieht in einer unentdeckten möglichen Manipulation die größte Gefahr.

Eine Lösung dieses Problems seien Papierausdrucke, so deren Verfechter wie zum Beispiel Verfied Vorting. Einige US-Bundestaaten wie Kalifornia haben Papierausdrucke bei Wahlen bereits ab 2005 angeordnet.

Laut einer MIT/CalTech-Studie gingen bei Senatoren-Wahlen in den Jahren 1998 und 2000 8,2 Prozent aller über Touchscreen-Maschinen abgegebenen Stimmen verloren - mehr als bei jedem anderen System, außer den Hebelmaschinen, deren Rate bei 9,5 Prozent lag.

Erste technische Pannen bei US-Wahl

Überprüfung der Wahlergebnisse

Andere Kritiker meinen, dass die teils erheblichen Vorsprünge der Kandidaten in den einzelnen Staaten den forschenden Blicken besser standhalten, als wenn die Ergebnisse hauchdünn gewesen wären.

Dann wäre vielerorts der Gang vor Gericht wohl als unumgänglich betrachtet worden, da die Stimmen mangels Papierausdruck meist nicht noch einmal ausgezählt werden können.

Die Statistiker des MIT und des California Institute of Technology sammeln nun im ganzen US-Bundesgebiet die Rohdaten der Wahl und wollen forensische Tests durchfürhen, um zu prüfen, ob Stimmen vielleicht verloren gingen. Auch die Election Assistance Commission will im Laufe des Monats noch einen Bericht zur Wahl herausbringen.

Quelle: futureZone, 05.11.2004

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