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Saturday, 29.06.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Bis 2003 soll im Kanton Genf ein erstes Mal per Internet abgestimmt worden sein. So planen es die Verantwortlichen des Genfer E-Voting-Pilotprojekts. Der grosse Testlauf von Anfang Juni stieß jedoch nur auf eine geringe Beteiligung. Der Kanton Genf ist der Schweizer E-Voting-Pionier. Die Genferinnen und Genfer sollen als Erste von zuhause aus abstimmen können - per Mausklick am Computerbildschirm. Auch die Kantone Neuenburg und Zürich bereiten Versuche für das Abstimmen und Wählen im Internet vor. Doch keiner ist so weit wie Genf. Am 2. Juni, als gesamtschweizerisch über die Fristenregelung abgestimmt wurde, war in Genf ein grosser Testlauf angesagt - die Generalprobe vor dem Ernstfall. 16 000 Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 20 Jahren waren eingeladen, das System zu testen. Sie erhielten die Abstimmungsunterlagen samt Code für den Internetzugang, und sie wurden von ihren Lehrerinnen und Lehrern instruiert. Die Genfer E-Voting-Verantwortlichen versprachen sich Aufschlüsse darüber, ob ihr System auch bei einem Massenandrang noch funktioniert.

Schwache Beteiligung

Doch der Grosstest war ein Flop. Wie der Genfer Projektleiter, Michel Warynski, gestern an einem E-Government-Symposium in Biel sagte, war die Beteiligung äusserst schwach. Zahlen wollte er zwar noch keine verraten, die würden in den nächsten Tagen von der Staatskanzlei bekannt gegeben. Doch Warynski verhehlte gegenüber dem «Bund» nicht, dass die Beteiligung weit davon entfernt war, Rückschlüsse für den E-Voting-Ernstfall zu ziehen. Man habe gemeint, die Jugendlichen würden sich von der neuen Technologie speziell angesprochen fühlen, sagte Warynski. Dass dies überhaupt nicht der Fall war, könne er sich nur mit dem Prüfungsstress erklären, in dem sich die Schülerinnen und Schüler Anfang Juni befunden hätten.

Zurückbuchstabiert

Der Rückschlag ist nicht der erste der Genfer E-Voting-Promotoren. Noch vor einem Jahr hatten sie sich felsenfest überzeugt gezeigt, im ersten Halbjahr 2002 eine erste elektronische Abstimmung durchführen zu können. Inzwischen mussten sie gewaltig zurückbuchstabieren. Der Ernstfall wurde um ein Jahr - auf das erste Halbjahr 2003 - verschoben.

Der Genfer E-Euphorie scheint der Testflop indes keinen Abbruch getan zu haben. Eine repräsentative Umfrage unter den Genferinnen und Genfern in diesem Frühjahr habe 85 Prozent Zustimmung ergeben, sagte Warynski. Und sogar bei 96 Prozent liege die Zustimmung bei den Internetnutzern, die sich bereits auf der Genfer Homepage umgeschaut hätten. Auch die wenigen Schülerinnen und Schüler, die am Testlauf teilgenommen haben, hätten alle «sehr positiv» reagiert. In Genf verspricht man sich vom neuartigen Abstimmungsverfahren eine um 5 bis 10 Prozent höhere Stimmbeteiligung. Positiv stimmt die Genfer Promotoren aber auch, dass bei der Generalprobe vom 2. Juni nur die Beteiligung unter den Erwartungen geblieben ist. Technisch habe der Test bestens geklappt, sagte Warynski. So seien die beim Versuch vorgenommenen Hacker-angriffe ins Abstimmungssystem allesamt fehlgeschlagen.

Test «unter Druck»

Warynski erläuterte vor den Symposiumsteilnehmern das ausgeklügelte Sicherheitssystem: Zugang ins System gewährt ein Zahlencode, der auf dem Abstimmungsausweis unter einem Rubbelfeld verborgen ist. Ist dieser freigerubbelt, kann nicht mehr an der Urne abgestimmt werden. Der Code garantiert zudem, dass kein zweites Mal elektronisch abgestimmt werden kann. Die Server-Maschinen sind in einem gesicherten Kellerraum im Genfer Polizeigebäude untergebracht. Und die abgegebenen Stimmen werden doppelt verschlüsselt. «Wir sind bereit», sagt Warynski. Es fehle einzig noch ein Test «unter Druck». «Stürzt das System ab, wenn pro Stunde 2000-mal abgestimmt wird?» Ein nächster Testlauf, noch diesen Sommer, soll die Frage beantworten. Statt Schülerinnen und Schüler werden dannzumal Computer abstimmen.

Quelle: Der Bund, 14.06.2002
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