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Wednesday, 3.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Noch immer wird das Potenzial für Einsparungen in der Verwaltung bei der Durchführung von Gebietsreformen gesucht, obwohl hierfür Belege kaum vorhanden sind. Insbesondere wenn sich Gemeinden bereits zu Ämtern oder Samtgemeinden zusammengeschlossen haben, dürfte es kaum (weitere) Einsparungen durch Gebietsreformen geben. Vielversprechender erscheinen dagegen neue Kooperationsformen auf der Basis von Shared Service Center (SSC). Mit ihnen werden Services (z.B. im Bereich Personal, IT) an einer Stelle gebündelt, um Skaleneffekte (so genannte Economies of Scale) zu generieren. Sind SSC einmal gegründet, können die Verwaltungen deren Leistungen auf der Basis von Service Level Agreements in Anspruch nehmen. Entscheidungshaltige Prozessteile bleiben in der (Kern-)Verwaltung; unterstützende Prozessteile gehen raus. Diese Herauslösung nicht-entscheidungshaltiger Prozessteile wird wesentlich durch IT und Modularisierung unterstützt. Weitere Potenziale werden generiert, wenn die (öffentlichen) SSC untereinander im Wettbewerb stehen. Auch wenn es kritisch ist mit Zahlen zu hantieren, lassen sich die Dimensionen der Einsparungspotentiale an einer konservativen Beispielrechnung zumindest verdeutlichen.

Man kann von folgenden Annahmen plausibel ausgehen, um die Einsparungsdimension von SSC allein für die Personalverwaltung in Deutschland abzuschätzen:

  • Die Verwaltung pro Mitarbeiter kostet monatlich ca. 150 Euro (Quelle: interne Dokumentation einer Landesverwaltung). Dieser Betrag ist niedrig angesetzt und dürfte in Verwaltungen tatsächlich vielfach höher sein.
  • Durch die Einführung von SSC im öffentlichen Dienst sind nach Erfahrungswerten und Umfragen bei realisierten Projekten in der öffentlichen Verwaltung durchaus ca. 20 Prozent (Personalkosten-)Einsparungen möglich (vgl. bspw.: Accenture 2005).
  • Zurzeit sind 4,5 Mio. Personen im öffentlichen Dienst beschäftigt (Quelle: Statistisches Bundesamt).
  • Es können also durch Einführung von SSC pro Jahr ca. 1,6 Mrd. Euro eingespart werden, ohne Qualitätsverluste bei der Personalverwaltung hinnehmen zu müssen.

Diesen möglichen Einsparungen sind die Einführungskosten von SSC entgegenzustellen: Wenn man davon ausgeht, dass im Durchschnitt in jedem Flächenbundesland fünf SSC (in Brandenburg weniger als in NRW) und jeweils ein SSC in den drei Stadtstaaten für die Personalverwaltung eingerichtet werden und man noch zusätzlich die Kosten für die Einrichtung der SSC in Höhe von 2 Mio. Euro pro SSC hinzurechnet, würden Ausgaben in Höhe von insgesamt 136 Mio. Euro entstehen.

Das heißt, es könnten rechnerisch jährlich ca. 1,4 Mrd. Euro (!) eingespart werden. Dieser Betrag wird haushaltswirksam, wenn es gleichzeitig zu einem Personalabbau kommt. In Anbetracht der demografischen Entwicklung im öffentlichen Dienst lässt sich das sukzessive durch Nicht-Wiederbesetzung von Stellen bei altersbedingtem Ausscheiden von Mitarbeitern realisieren.

Bei der vorstehenden Berechnung wurden plausible Annahmen angewendet, wobei die Zahlen alle konservativ gerechnet sind. Es hier geht vor allem darum, die Dimension von Einsparungspotentialen aufzuzeigen; und das nur für den Bereich Personal. Weitere Shared-Potenziale lassen sich in anderen Bereichen generieren, z.B. bei Finanzen, der IT-Versorgung etc.

Noch mehr Potenziale dürften sich dann ergeben, wenn man auch vor dem Kern- bzw. Massengeschäft der Verwaltung nicht halt macht, wie z.B. Wohngeldberechnung oder Elterngeld. Als Fazit kann die Frage gestellt werden: Warum soll man aufwändig Gebietsreformen durchführen, wenn durch Shared Service Center viel mehr Einsparung generiert werden kann?

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Autor(en)/Author(s): Prof. Dr. Tino Schuppan

Quelle/Source: government2020, 31.05.2010

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