Die großen Industrieverbände sehen die Radiofrequenz-Identifikation (RFID) in Deutschland und Europa vor dem Durchbruch. Laut einer Studie der Deutschen Bank wächst der Weltmarkt für diese Systeme sowohl im Hard- und Software-Bereich als auch bei den Dienstleistungen von 2004 bis 2010 von 1,5 auf 22 Milliarden Euro. Doch Verbraucherschützer monieren: Wenn bald jeder Joghurtbecher vom Regal über die Kasse bis in den privaten Kühlschrank daheim verfolgt werden kann, werde der Konsument zum gläsernen Kunden.
In Zukunft könnte damit jedes Produkt, das ein Kaufhaus verlässt, am Ausgang gescannt werden, das Geld hierfür würde automatisch vom Konto des Kunden abgebucht. Aber auch gegen Produktpiraterie kann die Technik erfolgreich eingesetzt werden, würden RFID-Chips Markenfälschungen von Originalen doch zuverlässig auf Grund ihrer Herkunft unterschieden.
Heute leistet die Überwachung per Chip bereits gute Dienste bei der Verteilung der richtigen Art und Dosis von Medikamenten für Krankenhauspatienten. Die für 2006 erwartete Wachstumsrate von 50 Prozent im RFID-Segement sei bereits in den ersten sechs Monaten erreicht worden, so der Chef des Informationsforums RFID Michael ten Hompel auf einer Fachtagung der Industrieverbände BDI sowie Bitkom und des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin.
Um das Wachstum der Technologie weiter auszubauen, begrüßen die Verbände die positive Haltung der Bundesregierung gegenüber den Lokalisierungs-Chips. Gleichzeitig warnen sie vor einer Überregulierung der Technologie - vor allem strenge rechtliche Regelungen sind der Industrie ein Dorn im Auge.
Verbraucherschützer dagegen kritisieren: Obwohl die Verbreitung von RFID in den nächsten Jahren stark zunehmen soll, sind die Auswirkungen auf die Persönlichkeitsrechte der Konsumenten bislang nicht systematisch untersucht worden. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz befürchtet, dass ein Unternehmen, das die kleinen Chips zur Standortbestimmung von Produkten einsetzt, ohne allzu großen Aufwand in der Lage sei, mit Daten aus der Videoüberwachung in Geschäften oder dem Zahlvorgang an der Kasse einen Personenbezug herzustellen.
Der Verbraucherschutz sieht noch klaren Diskussionsbedarf und fordert vom Handel ein Datenschutz- und Verbraucherschutzkonzept für den Einsatz von RFID. Darin solle die Zusicherung enthalten sein, RFID nur offen, zeitbegrenzt und zweckgebunden in Konsumartikeln zu verwenden.
Autor(en)/Author(s): (yg)
Quelle/Source: Golem, 30.06.2006