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Monday, 1.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Saarbrücker Informatikkompetenz in europäischem Großprojekt: 16 Partner aus sechs Ländern arbeiten im soeben gestarteten Großprojekt eJustice an einer europaweiten digitalen Infrastruktur für alle Bereiche der Justiz. Zum Konsortium, dem auch das deutsche Bundesverfassungsgericht, das österreichische Bundeskanzleramt und Unternehmen wie SAP, UNISYS und Thales angehören, zählt auch ein starkes Saarbrücker Team: das Institut für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes, das Institut für Wirtschaftsinformatik am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz sowie das Max-Planck-Institut für Informatik. Die Papierflut stellt die Gerichte nicht nur vor ein Aufbewahrungsproblem. Die Aktenberge aus Klageschriften, Anklageschriften, Schriftsätzen, Gutachten erleichtern den Juristen auch nicht gerade die tägliche Arbeit; was sich unter anderem in der langen Dauer der Verfahren niederschlägt. Auf den Punkt gebracht: In der Justiz herrscht ein großer Nachholbedarf in Sachen neuer Technologien. Fast in ganz Europa wird mit veralteten Strukturen gearbeitet; nur einzelne Länder - wie Belgiens Justiz - wagen gegenwärtig den Schritt ins digitale Zeitalter. Im Projekt eJustice, das von der Europäischen Kommission zunächst auf zwei Jahre mit 4 Millionen Euro gefördert wird, arbeiten nun Spezialisten daran, eine elektronische Lösung für die europäische Justiz zu entwickeln, die höchsten Anforderungen an die Sicherheit genügt und gleichzeitig die Rechte der europäischen Bürger wahrt. Vision der Forscher ist die nutzerfreundliche elektronische Unterstützung der Arbeitsabläufe, die den Verfahrensbeteiligten einen zügigen, von der Kommunikation und vom Informationsaustausch her effektiven und optimierten Prozess ermöglicht.

Ein besonderes Problem eröffnet sich für die Projektpartner dadurch, dass der sensible Justizbereich außerordentlich hohe, durch gesetzliche Regelungen festgelegte Anforderungen an Sicherheit und Authentifikation stellt. Gerade hier setzen die Forscher daher einen ihrer Schwerpunkte: Ihr Ziel ist eine höhere Sicherheit der juristischen Abläufe. Hierbei baut eJustice auf die Kombination aus mit Biometrie angereicherter Smartcard-Technologie mit den spezifischen Anforderungen der Justiz: So soll eine Chip-Karte, die so genannte Smartcard, entwickelt werden, die mittels biometrischer Daten des Inhabers diesen etwa als zugriffsberechtigten Staatsanwalt ausweist. Ein eigens eingerichteter Ethik-Beirat wacht dabei darüber, dass diese Innovationen mit demokratischen Ansprüchen, insbesondere dem Datenschutz, in Einklang gebracht werden.

Die Forscher erwarten, dass das auf mehrere Jahre angelegte Projekt zu europaweit einheitlichen Qualitätsstandards und einem paneuropäischen Austausch von Juristen führen wird. Den EU-Bürgern soll ein verbesserter Zugang zu juristischen Verfahren und Informationen eröffnet werden. Vor allem sollen die Abläufe in den Gerichten transparenter und so verständlicher werden: So könnte in Zukunft der Lauf einer Akte und damit der Fortgang eines Verfahrens von den beteiligten Parteien leichter nachvollzogen werden.

Für eJustice konnte ein hervorragend qualifiziertes europäisches Konsortium gewonnen werden, das die Wertschöpfungskette vom mittelständischen Unternehmen bis zum Verfassungsorgan in sechs Ländern der Europäischen Union repräsentiert. Erstmals arbeiten in diesem Rahmen Saarbrücker Wissenschaftler des Instituts für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes (Direktoren: Prof. Maximilian Herberger und Prof. Helmut Rüßmann), des Instituts für Wirtschaftsinformatik am DFKI (Wissenschaftliche Leitung: Prof. August-Wilhelm Scheer) sowie des Max-Planck-Instituts für Informatik (Direktor: Prof. Thomas Lengauer) zusammen. Außer diesem starken Saarbrücker Team gehören zum Konsortium Institutionen wie das deutsche Bundesverfassungsgericht, das österreichische Bundeskanzleramt, international operierende Unternehmen wie SAP, UNISYS und Thales sowie eine Reihe anwendungsnaher öffentlicher Organisationen.

Quelle: Informationsdienst Wisssenschaft, 26.05.2004

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