1. Deregulierung:
Angesichts des Umstandes, dass alle Bemühungen um Reduzierung des Normenbestandes auf Bundesebene bisher weitgehend gescheitert sind, spricht das von Müller vorgelegte Konzept sich für eine neue Systematik aus. Danach sollen alle bestehenden Rechtsnormen grundsätzlich zur Disposition gestellt werden. Nur wenn der zweifelsfreie Nachweis der Notwendigkeit des Fortbestandes geführt werden kann, sollen die Normen nicht aufgehoben werden. Ansonsten treten die Normen in einem zeitlich gestuften Verfahren außer Kraft. Ziel sie es in diesem Verfahren den Normenbestand in Deutschland um die Hälfte zu reduzieren.
Beim Erlass neuer Gesetze und Rechtsverordnungen müsse die Notwendigkeit zweifelsfrei dargelegt werden. Anlassbezogene Gesetze sollen grundsätzlich nur zeitlich befristet in Kraft treten. Daneben soll durch ein Standardflexibilisierungsgesetz die Möglichkeit geschaffen werden, im Einzelfall von gesetzlich vorgegebenen Standards abzuweichen.
In einem "Small Company Act" sollen Kleinunternehmen von besonders belastenden Bestimmungen generell freigestellt werden. So sollen Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern von der Beachtung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, des Kündigungsschutzgesetzes bei Neueinstellungen so wie insbesondere einzelner Vorschriften des Arbeitszeitrechtes und der Arbeitsstättenverordnung freigestellt werden. Darüber hinaus fordert das Konzept die Anpassung bestehender rechtlicher Regelungen an die sich abzeichnende demografische Entwicklung und die grundgesetzliche Verankerung der Grundsatzes der Konnexität.
2. Entbürokratisierung:
Zentrales Element ist die Forderung nach der generellen Umstellung der Genehmigungsverfahren vom Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zur Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Sämtliche Genehmigungserfordernisse sollen unter dem Gesichtspunkt ihrer Erforderlichkeit überprüft werden. Soweit diese fortbestehen, soll nach Ablauf einer Genehmigungshöchstfrist durch bloßen Zeitablauf künftig eine Genehmigungsfiktion eintreten. Darüber hinaus spricht das Konzept sich für Reduzierungen des Prüfungsumfanges und der Prüfungsintensität insbesondere im Baugenehmigungsverfahren und der Abschaffung von Doppel- und Mehrfachzuständigkeiten aus. Verwaltungsleistungen sollen grundsätzlich aus einer Hand angeboten werden. Statistische Meldepflichten sollen reduziert, das Vergaberecht in Bundesrepublik Deutschland vereinheitlicht und die Einrichtung eines "Ombudsmannes für Bürokratieabbau" geprüft werden.
3. Privatisierung:
Die Union will in den Vordergrund der Privatisierungsdebatte die Frage der echten Aufgabenprivatisierung stellen. Privaten Gestaltungen soll ein grundsätzlicher Vorrang eingeräumt werden. Insbesondere wird für das kommunale Wirtschaftsrecht eine Festschreibung echter Subsidiarität mit Beweislast zum Nachteil der Kommune gefordert. Mit Blick auf die Möglichkeit der Übertragung bisher öffentlich wahrgenommener Aufgaben auf Private, werden Fragen der Privatisierung einzelner Aufgaben der Berufsgenossenschaften, der Bauverwaltung, des Vermessungswesens und der Beamtenbeihilfe angesprochen.
4. Reform des Föderalismus:
Vor dem Hintergrund der Arbeit in der Föderalismuskommission fordert das Papier eine klare Trennung der Gesetzgebungszuständigkeiten und Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Ziel sei die Rückkehr vom Beteiligungsföderalismus zum Gestaltungsföderalismus. Einerseits sollen die eigenständigen Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder erweitert werden. Im Gegenzug dazu sollen die Zustimmungsrechte im Bundesrat reduziert werden. Das Papier fordert den ersatzlosen Wegfall der Rahmengesetzgebung und den Abbau der Mischfinanzierungstatbestände.
5. Verwaltungsmodernisierung:
Im Bereich der Verwaltungsmodernisierung wird insbesondere eine Ausdehnung der Möglichkeiten des E-Government gefordert. Im Mittelpunkt sollen Systeme von Bürgerdiensten, die über sämtlichen Verwaltungsstufen hinweg angeboten werden stehen. Daneben fordert das Papier eine Modernisierung des öffentlichen Dienstrechtes. Dabei wird am Prinzip des Berufsbeamtentums festgehalten. Gleichzeitig werden das Laufbahngruppenprinzip und das Prinzip der Kernarbeitszeit, die durch eine Servicezeit ersetzt werden soll, in Frage gestellt. Dezentrale Budget- und Aufgabenverantwortung, die Vereinfachung der Behördenstrukturen bei weitgehender Abschaffung der Sonderbehörden und Verwaltungsbenchmarking sind weitere Forderungen des vorgelegten Konzepts.
Zusammenfassend stellte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller fest: "Eine breit angelegte Offensive für Endbürokratisierung und Deregulierung ist unverzichtbar notwendig, wenn wir die eklatante Wachstumsschwäche der Bundesrepublik Deutschland überwinden wollen. Deutschland erstickt in einem Wust von Bürokratie. Von der Wiege bis zur Bahre - Formulare, Formulare. Das muss ein Ende haben. Wenn es im Saarland in der Vergangenheit gelungen ist, den Bestand an Verwaltungsvorschriften um mehr als 2/3 zu reduzieren und gleichzeitig die Wachstumsraten dieses Bundeslandes mittlerweile überdurchschnittlich sind, ist dies ein ermutigendes Beispiel dafür, dass durch konsequente Endbürokratisierung und Deregulierung Wachstumsprozesse positiv beeinflusst werden können."
Quelle: journal MED, 29.07.2004