Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) werde damit entsprechende Forderungen aus der Wirtschaft nachgeben, erfuhr Reuters aus den Kreisen. Zwar werde Stolpe weiter am Starttermin 31. August festhalten, die Maut aber erst Anfang November eintreiben, hieß es. Die Einnahmenausfälle für den Bund würden damit 326 Millionen Euro betragen. Das Betreiberkonsortium aus Deutscher Telekom und DaimlerChrysler wird den Angaben zufolge an dem Ausfall mit 63 Millionen Euro beteiligen. Das Verkehrsministerium wollte sich zu den Angaben aus den Kreisen nicht äußern. EU-Kommissarin Loyola de Palacio hatte zuvor in Zeitungsinterviews gesagt, sie gehe von einer Verschiebung der Maut aus. Man habe konstruktive Gespräche mit der Bundesregierung geführt.
WIRTSCHAFT UND POLITIK HATTEN AUF VERSCHIEBUNG GEDRUNGEN
Wirtschaftsverbände und Opposition hatten zuletzt auf eine Verschiebung gedrungen, da es verstärkt Zweifel an der technischen Machbarkeit eines Mautstart Ende August gab. Nach früheren Information aus mit dem Projekt vertrauten Kreisen hieß es, die Zeit zwischen Ende August und Anfang November solle als Testphase ohne Einzug der Maut genutzt werden. Ein Sprecher des Betreiber-Konsortiums hatte betont, die Firmen stünden zu ihrer Zusage, rund 150.000 Bord-Computer für die Lkw bis zum 31. August zur Verfügung zu stellen. Das Verkehrsministerium hatte die Meldung über eine geplante Verschiebung dementiert.
Die Maut für Lkw über zwölf Tonnen soll auf Autobahnen 12,4 Cent pro Kilometer betragen und jährlich rund 2,8 Milliarden Euro einbringen.
ZWEIFEL AN MACHBARKEIT DES MAUT-EINZUGS IM AUGUST
Nach Angaben des Konsortiums werden derzeit täglich 6000 dieser Computer hergestellt. Spediteure wollen diese aber am liebsten am Wochenende einbauen lassen, da dann die Fahrzeuge nicht im Einsatz sind. Die Fahrer können die Maut zwar neben den Bordcomputer auch über Automaten etwa an Autobahnraststellen oder über das Internet abbuchen lassen. Dies wurde aber von Fuhrunternehmen als unpraktisch kritisiert.
PALACIO GING EBENFALLS VON VERSCHIEBUNG AUS
EU-Kommissarin de Palacio sagte in Zeitungsinterviews, sie erwarte eine Verschiebung der Maut. Dies werde in den nächsten Tagen bekannt gegeben. Die Kommission geht davon, dass die Maut bis zu einer EU-Entscheidung über geplante Kompensationen für deutsche Fuhrunternehmen nicht in Kraft treten könne. Außerdem will de Palacio, dass sämtliche Einnahmen in den Straßenbau fließen, während die Bundesregierung auch den Schienenverkehr fördern will.
Wenn die Ausgleichsmaßnahmen für deutsche Spediteure genehmigt werden, wird die Maut den Regierungsplänen zufolge im Gegenzug auf die ursprünglich geplante Durchschnittshöhe von 15 Cent steigen.
VERTRAG MIT KONSORTIUM SIEHT KEINE VERTRAGSSTRAFE VOR
Der Vertrag zwischen Bundesregierung und Konsortium sieht vor, dass auch bei einer bis zu dreimonatigen Verzögerung der Einführung keine Vertragsstrafen fällig werden. Allerdings erhält das Konsortium auch kein Geld für Investitionen in das System, solange keine Gebühren erhoben werden.
Quelle: Reuters