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Monday, 1.07.2024
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Virtuelles Rathaus empfohlen — Auf Skepsis gestoßen

„E-Government sollte unbedingte Chefsache sein!“ Diesen eindringlichen Appell richtete Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis an zirka 15 Bürgermeister aus dem Umland. Sie waren ins Erlanger Rathaus gekommen, um sich über die Segnungen des Online-Zeitalters und den Weg ins „virtuelle Rathaus“ aufklären zu lassen. Vier Referenten, darunter auch Siegfried Balleis, der die Einführung übernahm, machten deutlich, dass sich die Verwaltung der Zukunft mehr und mehr im virtuellen Raum abspielen werde. So habe die Stadt Erlangen die erste Phase ihres „E-Government“-Projekts, den so genannten „Zielzustand 1“, bereits fast abgeschlossen und könne ab kommendem Sommer mit der Realisierung des nächsten Blocks beginnen. 15 Geschäftsfelder der Stadtverwaltung seien schon komplett über das Internet erreichbar. Bislang fehle aus dem ersten Block nurmehr das „Geographische Informationssystem“ (GIS), das die momentan rund 120 verschiedenen Planarten „auf einen gemeinsamen Nenner“ bringe, so Balleis.

Streichung von Planstellen

Erlanger Bürger können sich also schon an „Einfachen Mehrwertleistungen“ erfreuen, wie der Online-Einschreibung bei der VHS oder der Online-Ausleihe der Stadtbibliothek.

In jedem Fall werde der tatsächliche bürokratische Aufwand drastisch reduziert und frei werdende Planstellen könnten wie im Falle der Stadtbibliothek gestrichen und für Investitionen genutzt werden, so Balleis. Hauptziel müsste es sein, die Kosten zu senken, gleichzeitig aber die Wirtschaftlichkeit und den Service für die Bürger zu erhöhen, so Balleis. Beim Erlanger Modell sei das Überschreiten der Gewinnschwelle für das Jahr 2007 geplant. Dann werde der Ertrag erstmals höher sein als der Aufwand.

Entwickelt worden sei das Projekt als regionales Kooperationsmodell, an dem sich neben der Hugenottenstadt auch Nürnberg, Fürth, Schwabach und Bayreuth beteiligt hätten. Für „neue“ Mitglieder ergäbe sich der Vorteil, dass man aus etwaigen Fehlern und Irrtümern der Vergangenheit bereits gelernt habe. Viele Programme könnten in leicht modifizierter Form auch von den Umlandgemeinden einfach übernommen werden, so Erlangens OB. Darüber hinaus blieben die entstehenden Kosten nach derzeitiger Lage für die Gemeinden gering.

Wie Uwe Schmalenfeld, Geschäftsführer von der Betreibergesellschaft „Curiavant“ betonte, seien die teuren Lizenzgebühren im Rahmen des Projekts bereits abgegolten worden. Kostenpflichtig seien nur noch die etwaigen Mitarbeiterschulungen sowie die Systempflege. Selbst im gemeinsamen Verbund könne jedes „virtuelle Rathaus“ individuell ausgestaltet werden. „Wie weit man in die Tiefe gehen will, entscheidet jede Gemeinde selbst“, so Schmalenfeld.

Jedoch blieben einige der Bürgermeister auch nach der gut dreistündigen Vortragsreihe skeptisch. So wies Buckenhofs Bürgermeister Georg Förster gegenüber den EN darauf hin, dass „die uns vorgeführten Beispiele wenig Ersparnis für den Alltag in unserem Rathaus bringen, da die Dienstwege ohnehin schon kurz sind. Sicher waren die Vorträge interessant, aber ich bin mir nicht sicher, ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis einer großen Stadt wie Erlangen ohne weiteres auf kleine Gemeinden übertragbar ist.“

Ähnlich sieht es Angela Gläßel, Bürgermeisterin von Marloffstein: „Es war spannend zu sehen, wohin sich die virtuelle Verwaltung entwickeln wird, aber einige der gezeigten Beispiele wie der so genannte Grundsicherungsrechner fallen eher in die Zuständigkeit des Landratsamtes.“

Konrad Rudert aus Möhrendorf gab gegenüber unserer Zeitung zu bedenken, dass in den kleinen Rathäusern die Hierarchien ohnehin flacher seien und damit „die E-Mails dann sowieso bei mir landen“. Zwar sei die Aussicht auf Rationalisierung verlockend, „denn wir sind chronisch unterbesetzt“, aber bislang sei man mit dem gegenwärtigen Möhrendorfer Internet-Auftritt so zufrieden, „dass wir aller Voraussicht nach in der nächsten Zeit erst einmal nicht aktiv werden“, so Rudert.

Quelle: Erlanger Nachrichten

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