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Monday, 1.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
In den vergangenen neun Jahren sind die Bürokratiekosten für Unternehmen in Deutschland um fast ein Drittel gestiegen. Initiativen gegen Verwaltungswust blieben bislang fast ohne Wirkung. Derzeit liegen diese Ausgaben jährlich bei rund 48 Mrd. Euro. Dies bedeutet einen Anstieg von 27 Prozent seit 1994. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung im Auftrag des Wirtschaftsministeriums. Berücksichtigt sind bei diesen Zahlen steigende Preise und der gewachsene Unternehmensbestand. Der Bundesregierung dürften die Ergebnisse kaum ins Konzept passen. Die Studie ist die zweite dieser Art. Sie wird zu einem Zeitpunkt vorgelegt, da sich mehrere Initiativen im Bund und in den Ländern dem Bürokratieabbau widmen.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände kritisierte die laufenden Bemühungen des Wirtschafts- und des Innenministeriums zum Bürokratieabbau am Dienstag als unzureichend. "Der Masterplan reicht nicht aus", sagte ein Sprecher. "Wichtige Bereiche wie das Arbeitsrecht wurden ausgeklammert." Stattdessen habe die Regierung zeitgleich zum Projekt Bürokratieabbau viele neue Regelungen geschaffen.

Bereits die 1994 vom selben Institut erstellte erste Studie kam zu dem Ergebnis, dass Firmen im Schnitt 731 Stunden für administrativ bedingte Aufgaben verwenden - etwa für Steuererklärungen, Statistik oder die Berechnung der Lohnsteuern. Kleine und mittlere Unternehmen leiden überdurchschnittlich unter der Belastung.

80 Prozent klagen über hohe Belastungen

Als problematisch empfinden die Firmen nicht nur die steigende Zahl an Gesetzen und Verordnungen, sondern auch die häufigen Änderungen und die Zersplitterung der Zuständigkeit der Behörden.

An diesen Problemen hat sich in neun Jahren offensichtlich nicht viel gebessert. "Das allgemeine Belastungsgefühl in der Wirtschaft hat erheblich zugenommen", heißt es in der neuen Studie. So fühlten sich 1994 noch 48 Prozent der Unternehmen hoch belastet. Heute seien es 80 Prozent. Über das Problem werde nun aber auch mehr diskutiert.

Die meisten Kosten verursachten die Abwicklung der Steuern und Abgaben, gefolgt von Sozialversicherungen und Arbeitsrecht, heißt es. Die Autoren schränken ihre Aussagen allerdings ein: Die Rücklaufquote der Fragebögen an insgesamt 17.491 Unternehmen betrug mit 1220 nur 7,3 Prozent. Die Studie ist damit nur beschränkt repräsentativ.

Koalition gelobt Besserung

Die FDP nutzte das Ergebnis als Anlass für scharfe Kritik an Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. "Die Daten belegen das Scheitern Clements", sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger.

Rot-Grün hat Besserung gelobt. "Wir haben einen Staats- und Bürokratieaufbau in Deutschland, der nach Veränderung schreit", sagte Clement vor einer Woche. Die Bundesregierung hat daher eine eigene "Initiative Bürokratieabbau" ins Leben gerufen - und dafür einen neuen bürokratischen Apparat geschaffen.

So arbeiten in zwei Ministerien Abteilungen parallel an dem Thema: im Wirtschaftsministerium das Referat VIII A 7 "Bürokratieabbau", im Innenministerium das Referat O 2 "Rechtsvereinfachung, Deregulierung, Normprüfung, Bürokratieabbau" sowie die "Geschäftsstelle Entbürokratisierung" unter Otto Schilys Staatssekretär Göttrik Wewer.

Über 50 Projekte

Im Juli hatte das Kabinett über 50 Projekte zum Bürokratieabbau aus allen Ministerien beschlossen. Ziel der Initiative ist, Bürgern und Unternehmern den Kontakt zu Bundesbehörden zu erleichtern. So sollen nach einem Umzug künftig die Meldung per Internet möglich sein und das Vergaberecht gestrafft werden.

Initiativen zum Bürokratieabbau gibt es auch in den Ländern. Im Gegensatz zum Bund hat die Bayerische Landesregierung auch externen Sachverstand angezapft und eine eigene Deregulierungskommission unter Leitung des Ex-Europachefs der Unternehmensberatung McKinsey, Herbert Henzler, berufen.

Vor allem in kleinen Unternehmen kann sich laut Abschlussbericht "Bürokratie als existenzgefährdend erweisen". Nach Berechnungen der Kommission können die Kosten zwischen 1,5 und 7 Prozent des Umsatzes ausmachen - bei einer Rendite, die in Firmen mit weniger als 100 Mitarbeitern meist nur 1,5 bis 2 Prozent des Umsatzes beträgt.


Teure Verwaltung

Kosten Pro Jahr geben die Unternehmen 48 Mrd. Euro für administrative Aufgaben aus. Knapp ein Sechstel des Aufwands wäre den Firmen auch ohne den Staat entstanden.

Zeit

Im Schnitt wandten die Firmen 1994 rund 731 Stunden für bürokratische Erledigungen auf.

Quelle: Financial Times Deutschland, 29.10.2003

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