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Wednesday, 3.07.2024
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Auf der Suche nach der nächsten Erfolgsanwendung setzen Mobilfunkkonzerne auf das Bezahlen mit dem Handy. Auch Banken wollen beim M-Payment mitmischen. Hat der mobile Geldverkehr das Zeug zur Killerapplikation? Die Probleme beim UMTS-Start haben in der ehemals erfolgsverwöhnten Mobilfunkbranche Spuren hinterlassen. Nach den Boomjahren macht sich Ernüchterung breit. Die eine große Anwendung, die den Mobilfunk der dritten Generation mit einem Schlag zur profitablen Technik macht, lässt auf sich warten.

Der Branchenkompass M-Business der Unternehmensberatung Mummert Consulting zeigt, dass Entscheider derzeit nur wenige Kassenschlager vom Format der Erfolgsanwednung SMS sehen. Die Hoffnungen ruhen auf dem Multimediadienst MMS. Auch das Bezahlen mit dem Mobiltelefon soll großes Potenzial verfügen. Besitzt das so genannte M-Payment wirklich das Zeug zur Killerapplikation?

Die Idee klingt verlockend, zumal das Bezahlen via Handy Vorteile hat, die nicht von der Hand zu weisen sind. Erstens ist M-Payment mobil und universell. Theoretisch kann überall alles bezahlt werden: die Taxirechnung, die Bestellung beim Online-Versand, das geliehene Geld vom besten Freund.

Zweitens profitieren sowohl Käufer als auch Verkäufer vom mobilen Geldverkehr. Der Kunde nutzt das einfache System an jedem Ort, für den Anbieter entfällt die aufwendige Rechnungsbearbeitung.

Drittens ist M-Payment anders als etwa das viel gescholtene Internet eine sichere Zahlungsmethode. Aufträge werden relativ abhörsicher über den normalen Mobilfunk gesendet. Persönliche Daten müssen nicht transferiert werden.

Marktforscher beurteilen M-Payment entsprechend positiv: "Die Vorteile liegen auf der Hand", sagt Ben Donnelly, Industry Analyst bei Frost & Sullivan Wirless-Group. Jüngst hat sein Unternehmen dem Bezahlen via Handy eine rosige Zukunft prophezeit. In vier Jahren soll M-Payment in Europa ein Volumen von rund 25 Milliarden Euro erreichen. Der Großteil wird demnach durch M-Commerce (39 Prozent) und privaten Zahlungsverkehr (34 Prozent) generiert. Wirtschaftsbetrieben und Händlern, die M-Payment im Angebot haben, sagen Frost & Sullivan Umsatzsteigerungen von bis zu 20 Prozent voraus.

Die Marktforscher der Tower Group gehen außerdem davon aus, dass Europäer und Asiaten beim M-Payment den Ton angeben werden. Allein in Westeuropa sollen 2005 annähernd 120 Millionen Handy-Nutzer ihr Gerät zum Begleichen von Rechnungen einsetzen.

Wohlklingende Zukunftsmusik, doch wie sieht die aktuelle Situation aus. Derzeit ist das Angebot zumindest in Deutschland überschaubar. Eines der wenigen einsetzbaren Systeme ist die Paybox. Das gleichnamige hessische Unternehmen bietet seit dem Jahr 2000 das Bezahlen per Mobiltelefon an. Nach eigenen Angaben hat Paybox über 750.000 registrierte Kunden in fünf Ländern. Dem stehen 10.000 Akzeptanzpunkte gegenüber, bei denen mit dem System gezahlt werden kann.

Das Prinzip gleicht dem der Mailbox. Der Kunde ruft die Paybox an, wird gefragt, ob der Betrag X an den Empfänger Y überwiesen werden soll und bestätigt den Auftrag mit einem vierstellige PIN-Code. Die Beträge werden per Lastschriftverfahren vom Girokonto des Handybesitzers abgebucht und auf das Konto des Empfängers überwiesen.

Neben Paybox ist vor allem Vodafone D2 hierzulande bei M-Payment aktiv. Seit September können D2-Kunden mit dem my-pay-System Kleinbeträge bis zu zehn Euro im WAP-Angebot mit dem Handy bezahlen. Dabei genügt ein Knopfdruck und die Transaktion wird ausgeführt.

Auch im Internet kann mit my pay bezahlt werden. Hier gibt der Kunde seine D2-Rufnummer ein. Daraufhin erhält er eine SMS mit einem Bezahlcode, den er anschließend zur Bestätigung eingibt. In beiden Fällen erfolgt der Geldeinzug über die Telefonrechnung.

Banken und Mobilfunkanbieter als Antreiber

Verkäufer, die das Bezahlen via Handy ihrerseits anbieten, muss der Nutzer derzeit noch lange suchen. Nach einer Studie des Handybauers Ericsson hat sich der mobile Zahldienst bisher erst bei einem Prozent der Verkaufsstellen durchgesetzt.

Die notwendige Erschließung des Massenmarktes wird dabei durch die Einführung von Standards gestützt. Anders als beim Zahlungsverkehr im Internet, wo in der Anfangsphase zahllose komplizierte Systeme den Nutzer verwirrten, etablieren sich beim M-Payment vor allem Banken und Mobilfunkanbieter als Antreiber.

Allianzen formieren sich

Die Deutsche Bank etwa ist Hauptaktionär bei Paybox. Paybox-Vorstandschef Mathias Entenmann rechnet damit, dass weitere Kreditinstitute über sein Unternehmen den Einstieg ins M-Payment-Geschäft wagen werden: "Ich glaube nicht, dass die Deutsche Bank der einzige Investor bleiben wird. Bei der Durchsetzung von M-Payment müssen viele mitmachen."

Unter den Mobilfunkkonzernen bahnt sich derweil eine M-Payment-Allianz zwischen Vodafone und T-Mobile an. Während der vergangenen Cebit kündigten beide Unternehmen an, künftig gemeinsam an einer Oberfläche für das mobile Bezahlen zu arbeiten.

Genau wie Paybox-Chef Entenmann sehen auch die Verantwortlichen bei den Telekomkonzernen im M-Payment den Schlüssel zum Erfolg beim M-Business. "Eine Plattform für das mobile Bezahlen wird zum Antreiber für das Geschäft mit dem Handy", sagte Thomas Geitner, bei Vodafone verantwortlich für das globale Produkt und Servicegeschäft

Auch übergreifende Kooperationen zwischen Mobilfunkern und Banken sind möglich. Branchenkreise berichten, dass einige Kreditinstitute überlegen, mit Telekommunikationsunternehmen Gespräche über M-Payment aufzunehmen.

Paybox-Vorstand Entenmann sieht der sich abzeichnenden Offensive von Vodafone und Co. gelassen entgegen: "Es wird mehrere Systeme geben – genau wie bei Kreditkarten. Dort existieren Visa oder Mastercard auch nebeneinander." Udo Schaper, Experte für Cards und Payment bei der Unternehmensberatung Mummert Consulting, geht davon aus, dass die sich abzeichnende Konkurrenzsituation zudem positive Auswirkungen haben wird: "Der Wettbewerb wird M-Payment zusätzliche Impulse verleihen."

"M-Payment wird die Leute begeistern"

Problematisch könnte allerdings der zögerliche UMTS-Start wirken, denn viele umsatzstarke Anwendungen laufen auf dem Mobilfunk der dritten Generation. Im Prinzip funktioniert M-Payment zwar auch ohne den schnellen Datendienst, doch eine Bremswirkung ist wohl nicht zu vermeiden.

"UMTS wird eine Beschleunigerwirkung für das Bezahlen mit dem Handy haben. Ein verzögerter UMTS-Start behindert auch M-Payment", erklärt Mathias Entenmann. Entsprechend beurteilt der Paybox-Chef genau wie viele andere Branchenkenner die optimistischen Verbreitungsprognose von Frost & Sullivan eher vorsichtig.

Trotz aller Einschränkungen: Das Potenzial für eine Killerapplikation scheint vorhanden. "M-Payment wird die Leute begeistern – vor allem die jungen. Die Bezahlfunktion wird dem Mobilfunkmarkt neue Dynamik verleihen", sagt Mummert-Analyst Schaper. Sollten er und die anderen Markt-Orakel Recht behalten, könnte die Geldbeutelfunktion Mobilfunkern und Banken in Zukunft noch einige Umsätze bescheren.

Quelle: Manager-Magazin

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