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Wednesday, 3.07.2024
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Eine japanische Stadt will Pionierrolle spielen

Total Information Awareness hieß ein Programm, für das die Darpa, die Forschungsbehörde des Pentagon, verschiedene Projekte entwickeln wollte. Das Programm ging dem Kongress aber zu weit und er drehte für viele der geplanten Projekte den Geldhahn zu (Kongress streicht Gelder für Pentagon-Überwachungsprojekt). Der Titel des Programms aber scheint für die Fortentwicklung und Umsetzung der Überwachungstechnologie weiterhin maßgeblich zu sein (Die überwachte Stadt). Eine japanische Gemeinde will nun weltweit als Pionier Premiere feiern und alle Schulkinder mit GPS lokalisieren. Es ist nicht unbedingt der Große Bruder, der Schritt für Schritt die Grenzen zwischen Privat und Öffentlich hin zu einer panoptischen Präsenz und einem Verschwinden der "dunklen", unbeobachteten Räume verschiebt. Schon die Flut von Überwachungskameras in öffentlichen Räumen zeigte, dass viele Menschen willens sind, Sicherheit mit einer Einschränkung der Privatsphäre zu bezahlen (Wie eine Seuche). Auch Klassenräume wurden bereits mit Überwachungskameras ausgestattet (Die panoptische Schule). In den Medien üben sich die Menschen derweil, unter dem permanenten Überwachungsauge zu leben oder das Geschehen als Überwacher zu kontrollieren.

Noch neue Überwachungstechnologien werden allerdings oft erst einmal bei Gegenständen oder Tieren bzw. in Situationen oder für Bevölkerungsgruppen eingeführt, die in der Allgemeinheit keine großen Bedenken hervorrufen. Elektronische Fesseln für Straftäter, die ihre Haft oder einen Teil von ihr bzw. ihre Untersuchungshaft Zuhause abdienen können, sind ein solches Beispiel. Jetzt diskutiert man bereits, ob es nicht sinnvoll wäre, auch Sexualstraftäter ihre Leben lang oder Asylbewerber an die Leine zu legen, die überdies mit GPS-Lokalisierung ein genaues Bewegungsprofil erzeugt (Asylbewerber an die elektronische Fessel legen). Auch im medizinischen Bereich dienen gefährdete Personen (verwirrte Alte oder beispielsweise Patienten mit erhöhtem Herzinfarktrisiko) als Pioniere, beispielsweise auch mit implantierbaren Chips (Implantierbare Chips: das neue ID-Verfahren?). Als Kandidaten kommen überdies noch Soldaten im Einsatz, hohe Politiker oder entführungsgefährdete Reiche sowie Prominente.

In Japan will nun die Stadt Murakami ein Beispiel setzen. Der Stadtrat hat bereits mit Herstellern von Überwachungstechnologie gesprochen, die GPS-Geräte zur Lokalisierung anbieten, um für Eltern, die Schulkinder haben, ein Angebot zu machen. Nachdem im letzten Monat ein fünfzehn Jahre altes Mädchen in der Kleinstadt von einem 26-jährigen Mann entführt und 11 Tage lang in seinem Haus festgehalten wurde, empfiehlt der Stadtrat den Eltern, ihre Schulkinder an eine elektronische Leine zu legen, so dass sie permanent via Internet über den Aufenthaltsort ihrer Kinder informiert sind.

Die Sicherheitsmaßnahme, die allerdings daneben noch andere, für die "Angeketteten" vermutlich unangenehme Aspekte der Überwachung mit sich bringen dürfte, ist für 2.700 Schüler der Stadt gedacht. Die Eltern sollen die Sender mieten und dafür sorgen, dass die Kinder sie zumindest auf dem Weg zur Schule und zurück mit sich führen. Damit lässt sich der Aufenthaltsort der Schüler mit einer Genauigkeit bis zu fünf Metern bestimmen, zudem kann mit den Geräten auch ein Alarm ausgelöst werden. Die monatliche Gebühr dafür beträgt 5.000 Yen (38,8 Euro), die Stadt beteiligt sich daran mit einem eher symbolischen Betrag von 2,3 Euro. Die Stadt rechnet damit, dass sich 200 bis 300 Eltern an der Überwachungsmaßnahme beteiligen werden - vor allem jene, deren Schüler einen weiten Schulweg haben.

Noch freilich muss der Stadtrat die Maßnahme billigen, ein Anbieter hat bereits einen Nachlass von 30 Prozent geboten. Schließlich wäre Murakami eine gute Werbung. Allerdings wäre die Überwachungsmaßnahme vielleicht auch eine gute Möglichkeit für einen pädophilen Cracker ...

Quelle: Telepolis

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