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Monday, 8.07.2024
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Bund reagiert überrascht

Als erster aller 26 am Guichet virtuel beteiligten Kantone hat der Kanton Zürich beschlossen, aus dem Projekt des nationalen elektronischen Behördenschalters auszusteigen. Wie der Regierungsrat mitteilt, wird die Vereinbarung mit der Bundeskanzlei für den Betrieb von www.ch.ch ab 2005 nicht unterzeichnet. Ausschlaggebend seien das ungünstige Kosten-Nutzen-Verhältnis und das aufwendige Konzept für den Unterhalt der enormen Linksammlung von www.ch.ch. Zusammen mit den Kantonen hat der Bund im Jahr 2000 das Projekt Guichet virtuel mit dem Ziel gestartet, der Bevölkerung durch die schweizweite Vernetzung der elektronischen Dienstleistungen von Bund, Kantonen und Gemeinden ein durchgängiges Informationssystem via Internet anzubieten. Das Portal www.ch.ch soll ab Januar 2005 in die definitive Betriebsphase übergehen. Die hauptsächlich vom Bund getragenen Entwicklungskosten belaufen sich auf rund 18 Millionen Franken. Wie der Regierungsrat schreibt, hat er im Rahmen der Vernehmlassung die Unterzeichnung der Vereinbarung für die Betriebsaufnahme des Guichet an die Erfüllung konkreter Bedingungen geknüpft. Zu diesen gehörten die deutliche Senkung der Kosten, eine Befristung der Vereinbarung auf zwei Jahre oder Massnahmen zur Steigerung des Bekanntheitsgrades.

Laut Michael Salzmann, Leiter der kantonalen Stabsstelle E-Government, hat der nach wie vor tiefe Bekanntheitsgrad des Guichet mit den Investitionen ins E-Government auf kantonaler Ebene zu tun. Untersuchungen zeigten, dass sich heute 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung im Kanton Zürich über die kantonale Website oder das Portal ihrer Gemeinde informierten. Dagegen würden je nach Studie nur 1 oder 7 Prozent der Bevölkerung den nationalen Internetzugang kennen. «Dem Guichet ist die Zeit davongelaufen», so Salzmann. Das Projekt habe zwar anfänglich einen starken Schub im E-Government ausgelöst. Doch mittlerweile sei es von Suchmaschinen wie Google überholt worden. Salzmann stellt zudem den hohen Unterhaltsaufwand in Frage. Fast ein Drittel der in www.ch.ch erfassten 200 000 Links zu Websites von Bund, Kantonen und Gemeinden wechseln jährlich. Diese Links müssen manuell aktualisiert werden. Die Hälfte der jährlichen Betriebskosten von 2,4 Millionen Franken zahlt der Bund, die andere Hälfte übernehmen die Kantone, wobei der Bevölkerungsanteil ausschlaggebend ist. Der Kostenanteil des Kantons Zürich beträgt 200 000 Franken.

Die Projektverantwortliche des Bundes, Vizekanzlerin Hanna Muralt Müller, zeigte sich vom Ausstieg des Kantons Zürich überrascht. «Wir sind der Meinung, alle Forderungen erfüllt zu haben», sagte sie auf Anfrage. Das Kostendach sei um 800 000 Franken gesenkt und das Konzept überprüft worden. Man habe entschieden, den Guichet nur als Informationsportal zu betreiben und den Bekanntheitsgrad erst bei der definitiven Inbetriebnahme zu erhöhen. Nach dem Ausstieg des Kantons Zürich müsse nun die finanzielle Situation überprüft werden.

Autor: vö

Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 20.11.2004

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