Today 224

Yesterday 577

All 39466506

Monday, 8.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Viele Angebote von Behörden im Internet sind zu wenig bekannt

Kein Hochdruck bei der Einführung von E-Government in der Schweiz - das zeigen zwei «Barometer»-Studien an. Die Bevölkerung interessiert sich wenig für virtuelle Amtsstuben. Da steht wieder ein fremdes Auto auf dem Privatparkplatz. Dass dieses Gefährt woanders hingehört, sieht man schon daran, dass sein Nummernschild nicht mit demjenigen des Parkplatzes übereinstimmt. Es ist ein Leichtes, den Falschparker zu überführen: Ein Besuch auf der Website des Kantons genügt. Bei der Online-Eingabe der Fahrzeug-nummer erhält man umgehend Auskünfte über den Besitzer. Das ist E-Government: kein Telefonat, kein Behördengang.

Angebote ungenutzt

Wer sich Informationen auf diese Weise besorgt, kann in der Verwaltung Kosten sparen. Noch wirkungsvoller wäre es, wenn ein möglichst grosser Teil der Bevölkerung das «Online»-Angebot der Behörden nutzen würde. Damit Kosteneinsparungen realisiert werden, müsste das Verwaltungs-Management allerdings das Sparpotenzial erkennen und die notwendigen Entscheidungen treffen. Wie weit die Schweiz mit dem E-Government schon fortgeschritten ist, wird in zwei Studien thematisiert, die nun fast zeitgleich erschienen sind. Eine davon, das «E-Government-Trendbarometer» von der Fachhochschule Bern, zeigt ein ernüchterndes Ergebnis: Eine Umfrage ergab, dass die meisten Behördengänge nach wie vor lieber persönlich oder telefonisch abgewickelt werden. Nicht einmal die Hälfte der Befragten kennt die Website der eigenen Wohngemeinde oder jene des Kantons - lediglich ein Viertel war schon einmal auf einer Bundes-Website. Nahezu unbekannt ist das virtuelle Wegweisersystem zu allen Behördengängen (siehe «Stichwort»). Dieser «Guichet virtuel» der Bundeskanzlei enthält Informationen zu den Behörden und bietet Links zu den gesuchten Verwaltungsstellen an.

Noch kein E-Voting

Doch die Bevölkerung macht sich gute Vorsätze: 40 Prozent gaben an, künftig die behördlichen Internetangebote vermehrt nutzen zu wollen. Eine grosse Bereitschaft besteht für das so genannte E-Voting: Mehr als die Hälfte der in der Berner Studie Befragten möchte elektronisch abstimmen und wählen. Insbesondere das junge Stimmvolk gelobt eine höhere Wahlbeteiligung, wenn einfach und sicher über das Internet abgestimmt und gewählt werden könnte. Vorteile wie Zeitersparnis und Ortsungebundenheit werden hierfür offenbar besonders geschätzt. Allerdings ist die Schweiz noch weit von einer politischen Beteiligung durch E-Voting entfernt, meint Kuno Schedler, Direktor des Instituts für öffentliche Dienstleisungen und Tourismus der Universität St. Gallen. Dafür gebe es noch zu viele sicherheitstechnische und rechtliche Fragezeichen. E-Government heisse vorerst nicht politische Beteiligung, sondern stehe für die Serviceleistung der Behörden an der Bevölkerung - vor allem im Sinne der Information und Kommunikation. Langsame Entwicklung

Wie dieser Service gewährleistet wird, misst Schedlers «E-Government-Barometer». In diesem Projekt werden seit 2002 jährlich Gemeinden, Amtsstellen, öffentliche Verwaltungen und Staatskanzleien zur Entwicklung von E-Government befragt. Eingebunden in die Studie ist die Firma Abraxas, die aus den Informatikabteilungen der Kantone St. Gallen und Zürich hervorgegangen ist. Auch das Ergebnis dieser Umfrage ist ernüchternd: Die Entwicklung des E-Government kommt in der Schweiz nur langsam voran. Laut «Barometer» besteht der amtliche Verkehr noch hauptsächlich aus Informationsabfragen und dem Herunterladen von Formularen, die «offline» ausgefüllt und mit der Post zurückgeschickt werden. Im letzten Jahr wurden zudem aus Geldmangel bei den öffentlichen Verwaltungen viele E-Government-Projekte eingestellt.

Schattenboxen

Schedler vergleicht das Aufsetzen einer Website, ohne dass sich etwas in der Verwaltungsstruktur ändert, mit Schattenboxen. Das E-Government brauche ein Management und müsse in die Verwaltung integriert werden. Für eine höhere Effizienz sollten Aufgaben auch umverteilt werden. Zu oft seien Websites in Auftrag gegeben worden, ohne dass man sich vorher Gedanken über die Bedürfnisse der Bevölkerung gemacht habe. Auch der Bund wird beim Aufziehen einer Website oft ignoriert: Ein Fünftel der Gemeinden kennt die E-Government-Strategie des Bundes nicht. Die Bundeskanzlei gibt hier Gegensteuer, indem sie die Gemeinden berät und die elektronischen Angebote koordiniert.

Stichwort: Guichet virtuel

Der nationale elektronische Behördenschalter folgt nicht den Strukturen der «realen» Verwaltung mit ihren drei Ebenen, sondern führt nach Themenbereichen zur gewünschten Information. Trotzdem sind in das Portal alle Bundesämter, Kantone und Gemeinden eingebunden.

Quelle: St. Galler Tagblatt, 17.03.2004

Go to top