Today 274

Yesterday 577

All 39466556

Monday, 8.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Pilotversuch des Bundesamts für Sozialversicherungen

Kantone, Parteien, Verbände sowie Privatpersonen können sich erstmals im Internet an einer Vernehmlassung beteiligen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verspricht sich besser vergleichbare Antworten und eine Beschleunigung des Verfahrens. Zudem hat es den Überblick über die bereits eingegangenen Stellungnahmen.

Der Hinweis ist gut versteckt, in einer Unterrubrik mit jüngsten Mitteilungen zur beruflichen Vorsorge. Wer an der Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf über die künftige Finanzierung öffentlichrechtlicher Pensionskassen teilnehmen will, kann dies auch in elektronischer Form tun. Ein Link führt zu einer Eingabemaske, wo es nach der Wahl der Sprache gleich losgeht: «Unterstützen Sie den Ansatz, die Rahmenbedingungen für öffentlichrechtliche Vorsorgeeinrichtungen denjenigen für privatrechtliche anzugleichen?» Als Antworten sind «ja» und «nein» vorgegeben. Wer dazu keine eindeutige Meinung hat, muss «keine Antwort» anklicken (sonst gelangt man nicht zur nächsten Seite). Für zusätzliche Anmerkungen steht ein Feld für einen fakultativen Text bereit.

Auswerten und Bewerten

Für alle, die schon einmal online einen Flug gebucht haben, ist das ein banaler Vorgang. In Bundesbern, wo sich das E-Government vorwiegend auf das Bereitstellen von elektronischen Dokumenten beschränkt, ist der Pilotversuch aber eine kleine Sensation. Wie Helena Kottmann vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) erklärt, hofft man auf eine Beschleunigung, aber auch eine qualitative Verbesserung des Vernehmlassungsverfahrens. Heute vergehe viel Zeit, bis aus mehreren Dutzend Stellungnahmen in Papierform ein Synthesebericht entstehe. Elektronisch erfasst, könnten die Ja- oder Nein-Antworten per Knopfdruck ausgewertet und die längeren automatisch sortiert werden.

Kottmann erwartet aber auch, dass die neue Form auf den Inhalt abfärbt. Heute können die Teilnehmer die per Post zugestellten Fragen übergehen und als Antwort einen längeren Brief nach Bern schicken. Oft sei es unmöglich, die Haltung eines Verbands zu einem bestimmten Teilaspekt zu eruieren, sagt Kottmann. Mit stark strukturierten Fragebögen können sich indes nicht alle anfreunden. Man traut dem Computer eine Auswertung zu, aber keine Bewertung. «Es besteht eine Gefahr, dass vor allem Strichlein gemacht werden und differenzierte Bemerkungen unbeachtet bleiben», sagt Hanspeter Konrad, Präsident des Pensionskassenverbands Asip. Ähnlich äussert sich Urs Furrer vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse: «Entscheidend ist letztlich auch bei einer Vernehmlassung mittels Online-Fragebogen, wie die Antworten ausgewertet und gewichtet werden.» Economiesuisse und Asip stehen dem Pilotversuch aber grundsätzlich positiv gegenüber.

Das Pilotprojekt muss mit einem bescheidenen Budget auskommen. Die Internet-Applikation ist relativ einfach und lässt ein Zwischenspeichern der Daten nicht zu. Wer nicht alles aus dem Stegreif beantworten kann, muss den Fragebogen in einem Textverarbeitungsprogramm ausfüllen und später in die Eingabefelder kopieren. Sollte der Pilotversuch positiv verlaufen, müsste dieses Problem im Hinblick auf weitere elektronische Vernehmlassungen gelöst werden, sagt Kottmann. Die Software stammt von «2ask», einem auf Online-Umfragen spezialisierten Dienst, der von einer Firma in Konstanz betrieben wird.

Ausdehnung nicht vorgesehen

Eine Ausdehnung des Pilotprojekts auf andere Ämter oder Departemente ist laut Kottmann im Moment nicht vorgesehen. Die Bundeskanzlei koordiniert zwar die Vernehmlassungen zeitlich und publiziert die Unterlagen im Internet, aber die Durchführung ist Sache der Departemente, die ihre eigenen Wege gehen. – Ziel des Projekts war es übrigens nicht, interessierte Privatpersonen für eine Teilnahme zu motivieren. Das sei, sagt Kottmann, ein Nebeneffekt, der sicher auch einige Anregungen mit sich bringe. Das BSV plane aber keine Bürger-Konsultation. Die Eröffnung der Vernehmlassung sei deshalb nur diskret angekündigt worden. In den ersten drei Wochen der dreimonatigen Vernehmlassungen haben bisher nur Privatpersonen den Fragebogen ausgefüllt. Die eingeladenen Teilnehmer melden sich in der Regel erst kurz vor Ablauf der Frist.

Autor(en)/Author(s): sig

Quelle/Source: NZZ Online, 24.07.2007

Go to top