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Wednesday, 3.07.2024
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Unser Mann im Landeskabinett: Klaus Schlie (CDU) aus Mölln soll in der Landesbürokratie aufräumen, er ist zuständig für Modernisierung der Verwaltung und Entbürokratisierung. Was hat er bisher erreicht?

LN-Redakteur Martin Stein hat beim Staatssekretär im Finanzministerium in Kiel nachgefragt, als er jetzt beim Möllner CDU-Ortsverband über seine Arbeit in der Landeshauptstadt berichtete.

Lübecker Nachrichten: Gibt es nach einem halben Jahr erste Erfolge beim Abbau von Bürokratie?

Klaus Schlie: Die gibt es. Es sind schon eine ganze Reihe von Erlassen und Verordnungen aufgehobenen worden. Dabei wurden eine Reihe von Anregungen berücksichtigt, die wir von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und insbesondere von Unternehmen bekommen haben. Vor allen Dingen hat sich durch unsere Arbeit das Bewusstsein in der Verwaltung verändert. Es wird jetzt schon sehr genau hingesehen, was überhaupt erforderlich ist oder sich einfacher gestalten lässt.

LN: Es wird gerne kolportiert, dass Sie mit vielen Neueinstellungen selber die Bürokratie aufblähen. Ungerecht?

Schlie: Völliger Unsinn, was da behauptet wird. In unser Abteilung sind knapp über 50 Personen beschäftigt, im Kernarbeitsstab sind es neben mir nur sechs, die haben wir eingestellt. Neueinstellungen in den einzelnen Referaten hat es nicht gegeben. Wir schaffen keine neue Bürokratie.

LN: Sie hatten angekündigt, im Umweltbereich mit der Entbürokratisierung anzufangen. Ist klar, wie die Aufgaben künftig erledigt werden sollen?

Schlie: Wir wollen ja alle Landesämter auflösen. Jetzt prüfen wir, welche Aufgaben ganz wegfallen können, das bringt die größte Kostenersparnis, oder was andere wie Privatunternehmen erledigen können. Dann geht es auch um die Frage, was auf die kommunale Ebene verlagert werden kann.

LN: Gibt es bei diesem Punkt Unstimmigkeiten mit dem Umweltministerium?

Schlie: Mit Minister Christian von Boetticher überhaupt nicht, wir sind da völlig auf einer Linie. Dass es in den Ministerien und Behörden ein erhebliches Beharrungsvermögen gibt, ist völlig klar.

LN: Welchen Arbeitsschwerpunkt hat Ihre Abteilung im Moment?

Schlie: Wir sind dabei, mit aller Kraft diese erste Phase bis zum Jahresende zu beenden. Dann wird dem Ministerpräsidenten und dem Kabinett unser Bericht übergeben. Parallel arbeiten wir an anderen Aufgaben, wie an den Themen elektronische Verwaltung ("e-Government") für die Kfz-An- und Abmeldung mit Einbindung der Autohändler sowie Einführung der doppelten Buchführung in der Landesverwaltung. Das gehört alles zur Verwaltungsmodernisierung.

LN: Hat sich etwas am Zeitplan geändert?

Schlie: Nein, überhaupt nicht, und von unüberwindlichen Problemen kann keine Rede sein.

LN: Hat es im Kabinett schon Beschlüsse zu Ihrem Aufgabenbereich gegeben?

Schlie: Ja, eine ganze Reihe. Wir haben beispielsweise mit Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Bremen ein Data-Center Steuern eingerichtet, wir haben erstmals einen Gesamtplan zur Informationstechnologie (IT) für die Landesverwaltung vorgelegt. Als eines der ersten Bundesländer schaffen wir jetzt für die Landesverwaltung die Internet-Telefonie ein, damit werden wir viel Geld sparen.

LN: Welche Probleme haben sich als besonders harte Nüsse erwiesen?

Schlie: Die Auflösung der Landesämter ist schon das Schwierigste. Die persönliche Betroffenheit der Mitarbeiter ist natürlich da, die Sorge, was mit den Arbeitsplätzen passiert. Die Personalräte und die Gewerkschaften arbeiten mit uns allerdings sehr konstruktiv zusammen.

LN: Konnten Sie denn schon Schneisen in den schleswig-holsteinischen Paragrafen-Dschungel schlagen?

Schlie: Ja, der Knick-Erlass gehört dazu.

LN: Straßen- und Brückenbau in Güster lassen sich wegen verschiedener Fördertöpfe nur schlecht koordinieren - zum Nachteil der dortigen Menschen. Ein Fall für Sie?

Schlie: Das ist ein Problem unserer Förderwirrwarrs. Von der Landesebene kann man da nur bedingt etwas machen. Wir wollen aber dafür sorgen, dass es für die Fördermittel, die wir auch für den Bund und die EU verwalten, künftig nur noch einen Ansprechpartner gibt und dass besser koordiniert wird.

LN: Ist Ihr Anfangsschwung im neuen Job noch da?

Schlie: Ja, unbedingt. Ich musste mich natürlich in einiges einfinden und lernen, mit einem solchen Apparat in einem Ministerium zu arbeiten. Aber das funktioniert jetzt sehr gut. Die Aufgabe ist noch reizvoller geworden: Je mehr man merkt, wie problematisch in der Bürokratie vieles ist, desto mehr spürt man die Notwendigkeit, an die Sachen heranzugehen.

LN: Was ist mit dem "Deregulator"-Hemd passiert, das Ihnen Parteifreunde geschenkt haben? Im Schrank verschwunden oder in Gebrauch?

Schlie: Das wird erst getragen, wenn die erste große Entbürokratisierungsaktion abgeschlossen ist.

Autor: Martin Stein

Quelle: Lübecker Nachrichten, 19.11.2005

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