"E-Government ist zum Standortfaktor geworden", bestätigte Jürgen Tiefenbacher, verantwortlich für den 'Public Sector' bei Cap Gemini Ernst & Young. Die Angebote für Unternehmen würden dabei in EU-Europa durchwegs einen höheren Umsetzungsgrad aufweisen als jene für Bürger. Eine Aufteilung, die sich auch in Österreich zeige: 66 Prozent gegenüber 49 Prozent für Serviceangebote, die sich an Bürger richten. Die bestehenden Bedenken müssten durch breite Information und Motivation zur Verwendung - z.B. durch so genannte Killerapplikationen - abgebaut werden.
"Die kommen nicht, die kann es auch nicht geben", erklärte Günther Fuchs, Leiter Notar Data, Österreichische Notariatskammer. Vielmehr müssten die Kosten deutlich sinken. Zudem sei mehr Sicherheit für die elektronische Abwicklung von Verfahren notwendig. Durch E-Government dürfe es zu keiner Aufweichung der Form der Verfahren kommen. Dazu bedarf es aus Sicht der Notare, die jährlich mehr als 300.000 Urkunden erstellen, vor allem einer Anpassung der bestehenden Bestimmungen.
"Wirtschaftsanwendungen haben Priorität, schließlich sind die Betriebe der beste Kunde der Verwaltung", zeigte sich Rudolf Lichtmannegger, Stabsabteilung Wirtschaftspolitik, WKÖ, überzeugt. Außerdem brächten Angebote für Unternehmen das größte Einsparungspotenzial für den Staat. Den Investitionen (Software-Updates, Mitarbeiterschulung, Umstellung von Abläufen), die in den Betrieben notwendig würden, müssten aber auch für das Unternehmen mittelfristig realisierbare Vorteile gegenüber stehen. Für "E-Government aus einem Guss" sollten zudem Standards entwickelt und ein Dialog über alle Ebenen geführt werden. Grundsätzlich könne die Verwaltung von der Wirtschaft noch viel lernen, sagte Lichtmannegger.
"Ist die Wirtschaft denn so fit in diesem Bereich? Ich glaube, wir müssen beide voneinander lernen", erklärte Paul Humann, Operations Manager, Bundesbeschaffung GmbH. Die schwierige Aufgabe bestehe darin, die Produktivität des öffentlichen Sektors zu steigern, damit ein Spielraum für Leistungsverbesserungen existiere. Durch elektronische Einkaufsabwicklung - in Summe 300 Mio. Euro - habe man zehn Prozent der Kosten eingespart. Und auch die Unternehmen wüssten das Online-Beschaffungswesen zu schätzen: An 136 Ausschreibungen hätten sich rund 1.300 Bieter beteiligt, so Humann.
"Stellen Sie sich vor, es gibt E-Government und keiner geht hin", zeigte sich Harald Mahrer, Geschäftsführer Legend Consulting GmbH, zwar über die Digitalisierung des öffentlichen Sektors erfreut, kritisierte aber, dass die bereits umgesetzten Angebote zu wenig kommuniziert würden. Laut einer aktuellen Untersuchung könnten nur 17 Prozent der Österreicher ungestützt etwas mit dem Begriff E-Government anfangen. Gestützt - also mit Nennung - wären es zwar auch nur 45 Prozent, diese würden das Angebot aber gerne nutzen. "Es fehlt hier einfach am Marketing", so Mahrer.
"Nächstes Jahr müssen wir Herrn und Frau Österreicher darüber informieren, was Bürgerkarte und digitale Signatur sind", bestätigte Robert Krickl, Bereichsleiter E-Business, Bawag-PSK. Ab 2004 würden die österreichischen Banken nämlich alle Bankkarten (Maestrokarten) mit einer Signaturfunktion inklusive Bürgerkartenfunktion ausstatten. "Dies bedeutet, dass in Kürze rund 4,5 Mio. Österreicher die Möglichkeit haben werden, E-Government via Internet zu betreiben", so Krickl.
Auch Sabine Pohoryles-Drexel, Stv. Leiterin der Abteilung Technik und Innovation am BMWA, geht davon aus, dass der Übergang von analogen zu digitalen Prozessmodellen einen zentralen Pfeiler für die Produktivitätsentwicklung der Unternehmen darstellt. Deshalb arbeite man im Rahmen des Programms "Innovation durch IKT/e-business" an einer Reihe von Maßnahmen, die letztlich darauf abzielten, Österreichs Unternehmen "e-fit" zu machen. Einerseits durch die Unterstützung von Forschung & Entwicklung, andererseits durch Ausschreibungen und Förderaktionen, die direkt auf die Implementierung digitaler Prozessmodelle abzielten.
Quelle: Presse Portal at, 24.10.2003