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Friday, 5.07.2024
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Jetzt muss die Sicherheitsbehörde allerdings bereits gegen zwei der eigenen "Business-Partner" ermitteln,die im Verdacht stehen, personenbezogene Daten illegal abgefragt zu haben Wenn die Staatskassen leer sind, denken auch schon mal Beamte über neue Einnahmequellen nach. Im österreichischen Innenministerium erkor man zum Zwecke der Kassenbefüllung vor kurzem das "Zentrale Melderegister" (ZMR) aus. Sehr zum Leidwesen der Datenschützer wurde von der Sicherheitsbehörde eine "bessere Vermarktung" dieser personenbezogenen Daten beschlossen.

Rückwirkend zum 1. 1. 2003 erließ das österreichische Innenministerium (BMI) kürzlich eine Verordnung, welche die Vermarktung von Daten aus dem zentralen Melderegister (ZMR) erleichtert. Versicherungen, Banken, Anwälte, Inkassobüros, Detektive und andere "Business-Partner" könnten danach Berechtigungen zur kostenpflichtigen Abfrage des ZMR erwerben. Bisher, so argumentieren Kritiker der Verordnung, durfte nur ein kleiner Personenkreis die Daten abfragen und zwar ausschließlich zur Durchsetzung von Ansprüchen.

Mit solchen Bedenken dürfte man sich in der Sicherheitsbehörde nicht lange aufgehalten haben. Ministeriumsdokumente, die der Konsumentenschutzsprecher der Sozialdemokraten, Johann Maier, an die Öffentlichkeit brachte, bezeugen eher den ausgeprägten "Geschäftsinn" einiger Beamter. Zitat aus dem BMI-Papier: "Es wird angestrebt, durch Serviceverbesserungen und begleitende Marketingstrategien die kostenpflichtigen Abfragen im Laufe des Projektzeitraumes (bis 2005 Anmerkung) zu steigern." In einer Aussendung erklärt Maier dazu ergänzend:

"Seit März 2002 erfolgten in diesem Jahr ca. 253.950 kostenpflichtige Abfragen, die bis zum Jahr 2005 auf 1.300.000 (pro Abfrage Euro 1 oder Euro 3) gesteigert werden sollen. Oder in Einnahmen ausgedrückt: 2002 gab es 210.900 Abfragen zu je 3 Euro. Dies ergab eine Summe von 632.700 Euro. Durch Marketingmaßnahmen für Businesspartner sollen es im Jahre 2005, 1.100.000 kostenpflichtige Abfragen sein, die Einnahmen in der Höhe von 3.300.000 Euro bringen."

Dass Bürgerdaten derart offensiv zur einträglichen Handelsware degradiert werden sollen, stößt natürlich auch den österreichischen Datenschützern sauer auf. Im Speziellen auch deshalb, weil der Datenschutzrat bezüglich dieser neuen Verordnung erst gar nicht konsultiert wurde. Hans Zeger von der Arge Daten warnt vor einer Aushöhlung verbürgter Grundrechte:

"Im Rahmen des Meldegesetzes wurde zur erleichterten Identifikation der Bürger und Verknüpfung dieser Daten ein zentrales Personenkennzeichen eingeführt. Darüber hinaus wurde jedoch mit dem Meldegesetz ein Grundrecht 'Light' geschaffen. Die wichtigsten Teile, wer in welcher Form wie Daten nutzen darf, werden nicht im Gesetz geregelt, sondern in Verordnungen ausgelagert. Damit erhält der Innenminister, unter Umgehung des Nationalrates, weitest gehenden Freiraum, wie er die Bürgerrechte interpretiert. Dieser Freiraum wird durch die neue Verordnung exzessiv genutzt. Aus einem Register für klar definierte Aufgaben wird ein Daten-Selbstbedienungsladen."

Zeger, selbst Mitglied im Datenschutzrat, brachte in diesem Gremium jüngst zwei Fälle von Firmen vor, die Abfragen aus dem ZMR gegen Gebühr anbieten, es mit der Einhaltung bestehender Gesetze offensichtlich nicht ganz so genau nehmen. Bei der Unternehmensberatung Advokat genügte laut Zeger offensichtlich der bloße Name für eine Meldeevidenz-Recherche. Zudem stieß sich der Datenschützer an der automatisierten Vorgabe für die verpflichtend vorgeschriebene Begründung. So gibt Advokat "Durchsetzung von Ansprüchen" für Kunden vor. Verärgerter Kommentar Zegers: "Eine provokante NoNa-Begründung. Jeder Zuhälter oder Kleinganove wird mit derselben Formulierung den Wunsch nach den Daten seiner Opfer begründen." Bei der Firma Jusline würde die Sache noch einfacher gehen. "Buchstäblich jeder kann eine Abfrage durchführen", so Zeger.

Nach einer Datenschutzrats-Sitzung im März in der diese beiden Verdachtsfälle behandelt wurden, musste nun ein Vertreter des Innenministeriums gegenüber Medienvertretern einräumen, dass gegen zwei der BMI- "Business-Partner" (also Jusline und Advocat) wegen Verdacht auf illegale Abfragen ermittelt wird.

Kommerzielle Firmen sind übrigens nicht die einzigen "schwarzen Schafe", die sich in Österreich an Meldedaten vergreifen. Der Arge Daten weiß auch von Fällen zu berichten, in denen komplette Meldedaten einer ganzen Gemeinde weitergegeben wurden. Zeger dazu: "Den Vogel dürfte wohl der Dorfgasteiner Bürgermeister abgeschossen haben. Er rechtfertigt die Datenweitergabe an die private Bergbahnen AG mit der Möglichkeit der leichteren, unbürokratischen Ausstellung von verbilligten Einheimischenkarten."

Quelle: Telepolis

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