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Wednesday, 3.07.2024
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E-Government: Polizei erfreut über regen Zuspruch bei Online-Strafanzeigen - Dadurch hellt sich das kriminelle Dunkelfeld auf

Das Angebot der nordrhein-westfälischen Polizei hat sich offenbar bewährt: Zunehmend werden Strafanzeigen elektronisch erstattet. Auch Scheidungen können demnächst online erledigt werden. Seit der Freischaltung Mitte März sind auf dem E-Government-Portal der Polizei Nordrhein-Westfalen 6500 Straftaten und rund 1000 Ordnungswidrigkeiten angezeigt worden. Über 900 allgemeine E-Mail-Anfragen wurden gestellt. "Wir wollen diesen technischen Fortschritt nutzen. Durch dieses für die Bürger sehr bequeme und schnelle Verfahren erfährt die Polizei von mehr Straftaten - mit steigender Tendenz", sagte Innenminister Dr. Fritz Behrens (SPD) kürzlich zur Auswertung.

Er ergänzte, dass sich die Zahlen in der Kriminalstatistik erhöhen, weil das kriminelle Dunkelfeld aufgehellt wird. Umfragen hätten ergeben, dass jede dritte Anzeige ohne Hilfe des Internets nicht gestellt worden wäre. Die befürchteten technischen Fehler blieben bislang aus. "Das System funktioniert gut. Individuelle Bedienfehler sind natürlich nie zu vermeiden", erklärte Behrens. Und berührt damit den heiklen Punkt des Verfahrens. Denn Strafrechtler äußern noch immer Bedenken. Durch das wegfallende Gespräch mit Polizei- oder Kriminalbeamten könnte es zu wissentlich falschen Anschuldigungen kommen, die strafbar sind. In einer Wache frage auch jeder Beamte nach speziellen Merkmalen eines Tatbestandes, bei reinen Internetanzeigen können missverständliche Aussagen später zu Problemen führen. Das sieht, bei aller Begeisterung um die fortschrittliche Methode, auch Behrens ein: Darum ist es wichtig, die Online-Anzeige genau und präzise auszufüllen und telefonisch erreichbar zu sein. Denn der Gang zur Polizei bleibt dem Anzeigenerstatter unter Umständen doch nicht erspart.

Ähnlich geht es Anwälten von scheidungswilligen Eheleuten. Den Juristen wird - in der Erprobungsphase beim Amtsgericht Olpe (Sauerland) - ein elektronischer Rechtsverkehr angeboten. Ziel des Pilotprojekts ist die Erprobung der Praxis: Ist etwa das Signaturgesetz vereinbar mit der Zivilprozessordnung?

Nach Zuteilung einer Kennung hat der Rechtsanwalt über eine verschlüsselte Internetverbindung Zugriff auf ein für ihn eingerichtetes elektronisches Postfach. Dahinein stellt er die für das Gericht bestimmten Schriftsätze. Sobald die übermittelt sind, bekommt er umgehend eine automatisch erstellte Eingangsbestätigung. Die kann er bei Bedarf sofort ausdrucken - oder auch zu einem späteren Zeitpunkt erneut abrufen. Beim Amtsgericht werden (noch immer neben den herkömmlichen Papierakten) mittels eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) elektronische Akten geführt, in die sämtliche zum Verfahren gehörigen Dokumente eingestellt werden. Nicht in elektronischer Form vorliegende Dokumente werden - wie das auch die Anwälte tun - durch Einscannen in die elektronische Form übertragen. Nach der Bearbeitung bei Gericht werden die für die klagenden Parteien bestimmten Schreiben auf demselben Wege übermittelt, also wieder über den elektronischen Gerichtsbriefkasten.

Allerdings: Bis zur Schaffung der erforderlichen rechtlichen und sonstigen Voraussetzungen werden die Schriftsätze zusätzlich zur elektronischen Form in Papierform übersandt, um die gute alte Rechtssicherheit und Rechtsverbindlichkeit zu gewährleisten. Dieser Parallelbetrieb soll in einer späteren Projektphase entfallen. Dann folgt die Erprobung eines rechtsverbindlichen elektronischen Rechtsverkehrs mit ausschließlich solchen Dokumenten. Billiger wird eine Scheidung allerdings damit nicht: Die Gerichtsgebühren gelten auch hier.

Autor: E. Liliensiek

Quelle: VDI Nachrichten, 29.10.2004

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