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Friday, 5.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Surfen statt warten: Wer etwas vom Amt will, findet in NRW Verwaltungs-Service zunehmend von zu Hause aus. RATINGEN/DÜSSELDORF. Eigentlich wollte Gunter Schiborr sein Restaurant im Bahnhof Ratingen-Hösel schon im Winter eröffnen. Doch die Behörden machten ihm einen Strich durch die Rechnung: Statt der üblichen sechs Wochen prüften sie seinen Bauantrag sechs Monate. Ende Juli durfte er nun endlich starten.

Warum der Amtsschimmel nur langsam galoppiert, kann sich Martin Lehrer, Pressesprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW, auch nicht erklären. Aber er sieht wie viele andere eine Möglichkeit, das Procedere generell zu beschleunigen. Das Zauberwort lautet: "e-government - Online-Verwaltung". Ein flächendeckendes Netz, das Daten schnell vom Bürger zur Behörde und von Behörde zu Behörde tragen soll.

E-Kontakt noch in den Kinderschuhen Bisher steckt e-government in den Kinderschuhen. "Die Kommunikation zwischen Kommunen und Bürgern ist sogar eher embryonal", findet Lehrer. Nur langsam würden die Städte damit anfangen, ihre Bürger auf die Möglichkeit der digitalen Kommunikation überhaupt hinzuweisen.

Doch die Pioniere der virtuellen Verwaltung haben außer der trägen Vermarktung noch ein anderes Problem: die Identität des Benutzers festzustellen. Denn bisher gibt es in Deutschland noch keine gängige Möglichkeit, online seine Unterschrift zu geben. "Digitale Signatur", nennen das die Experten.

Solange die Bürger im Netz noch nicht nachweisen können, dass sie berechtigt sind, dies oder jenes zu tun, bleibt die Zahl der Online-Leistungen eingeschränkt. Technisch ist es zwar schon möglich, entsprechend codierte Chipkarten herzustellen. Aber es ist schwierig, sie unter die Leute zu bringen. Martin Lehrer hofft auf die Banken und Sparkassen: Sie sollen die digitale Signatur in die normalen EC- und Kreditkarten einbauen. Bisher hofft er vergeblich.

Trotzdem tut sich etwas im virtuellen Rathaus. Vor kurzem verabschiedeten zwölf kreisangehörige Städte in NRW ein Pilotprojekt. Auf den Websites können die Bürger nun den Bearbeitungsstand ihres Bauantrags verfolgen, eine Auskunft aus dem Melderegister beantragen, die Geburtsurkunde für ihr Kind bestellen, ein Gewerbe an- und den zu großen Mülleimer abmelden. Alles "harmlose" Leistungen, für die keine Unterschrift benötigt wird.

NRW-Innenminister Fritz Behrens ist ebenfalls auf den Online-Trichter gekommen. Er hat einen Ideenwettbewerb "kundenfreundliche Landesverwaltung" ausgeschrieben. Seine Mitarbeiter sollen überlegen, wie sie die Dienstleistungen der Landesverwaltung verbessern würden. Vielleicht einfach das Online-Angebot erweitern? "Die Angestellten würden sich sicher freuen", vermutet Lehrer. Kommen die Daten digital, entfällt lästiges Übertragen der Informationen in die EDV und damit eine große Fehlerquelle. Außerdem liege die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben dann allein beim Antragssteller. Der hat bisher übrigens einen Service besonders gern genutzt: Die Reservierung des Wunschkennzeichens.

Auch Behördenspezielles entwickelt sich derzeit im Datennetz. Besonders im Bereich Bau. Unter dem Dach des Deutschen Städte- und Gemeindebunds etwa finden Kommunen seit Anfang dieses Monats ein Internet-Portal für Bauverwaltungen. Unter der Adresse www.dstgb-vis.de können Behörden ihre gesamten Vergabeunterlagen veröffentlichen. Zurzeit finden sich dort laut Sprecher Franz-Reinhard Habbel über 90 000 Ausschreibungen. Damit soll auch die elektronische Kommunikation mit dem örtlichen Baugewerbe verbessert werden.

Auf der Internetseite www.forum-bauland.nrw.de. tauschen sich derzeit 30 Städte, Gemeinden und Verbände in NRW zur Fragen der Bevölkerungsentwicklung oder Baulandstrategien aus. Und im Portal des Regierungspräsidiums Köln (www.bezreg.koeln.nrw.de) finden jetzt die Sozialämter Diskussions-Raum zu den Hartz-Gesetzen. Unter der selben Adresse gibt es nun auch Formulare für Handwerker, die sich ohne Meisterbrief selbstständig machen wollen, was Regierungspräsident Jürgen Roters kürzlich mit den stolzen Worten verkündte, man sei "einen weiteren Schritt in Richtung E-Government" gegangen.

Alles andere als Vorreiter sind die NRW-Landespolitiker. Laut Untersuchung des Magazins "politik & kommunikation" hätten nur 42 Prozent der hiesigen Abgeordneten eine eigene Internetseite. Am besten sei das Online-Angebot des Gütersloher CDU-Abgeordneten Michael Brinkmeier. Er belegt bundesweit Platz drei unter fast 2000 Politikern. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) landete auf Platz 445.

Quelle: Neue Ruhr Zeitung

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