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Wednesday, 3.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Nach außen präsentieren sich Hessens Ministerien auf der Höhe der Zeit. Doch hinter der virtuellen Fassade ihrer Internet-Auftritte herrscht noch das Zeitalter der Laufmappen, Aktenregistraturen und umständlichen Dienstwege. Zwar stehen 55000 PC in den Amtsstuben des Landes: "Aber wir nutzen sie meist nur als Schreibmaschinen", sagt Harald Lemke. Das zu ändern, ist Aufgabe des parteilosen Computer-Fachmanns, den Ministerpräsident Roland Koch (CDU) vor einem Jahr in sein Kabinett geholt hat. 30 Prozent mehr Effizienz erwartet Lemke vom Projekt "E-Government" (elektronische Verwaltung) - und "eine Revolution für die deutsche Beamtenseele". "E-Government" soll die Voraussetzung für den Online-Zugriff auf staatliche Dienstleistungen und Informationen schaffen. Bewerbungen, Steuererklärungen, Anträge - all dies soll eines Tages auch auf digitalem Weg möglich sein. Lemke will dazu zunächst die Behördenabläufe modernisieren und an das anpassen, was in privaten Unternehmen üblich ist: "Was habe ich von Glasfaserverbindungen, wenn sie in der klassischen Laufmappe enden?"

Lemke will das derzeit verstreute und schwer zugängliche "Wissen der Verwaltung" an jedem Arbeitsplatz verfügbar machen: "Mit unseren heutigen Papierabläufen landen die Vorgänge irgendwann in einer Registratur, und wenn Sie etwas wissen wollen und nicht zufällig das Aktenzeichen kennen, stehen Sie relativ hoffnungslos davor." Künftig sollen Informationen auf vielfältige Weise erschließbar sein: "Sie ziehen nach Hessen und wollen wissen, welche Schulen es in 20 Kilometer Umkreis um ihren neuen Wohnort gibt. Das kann Ihnen heute niemand beantworten."

Kern des E-Government-Projekts ist das elektronische Dokumenten-Management. Vermerke, Erlasse, Gesetzesentwürfe, Sachakten - was früher im Papp-Ordner per Post und Boten von Sachbearbeiter über Sachbearbeiter und Amt zu Amt lief, wird digitalisiert. Der Vorteil: Alle Beteiligten können gleichzeitig am selben Vorgang arbeiten. Der Transport mit seinen Zwischenstationen bei den Vorgesetzten entfällt, ebenso das als "Akten-Pingpong" bekannte Hin-und-Her bei Meinungsverschiedenheiten. Künftig wird es möglich sein, dass Vorgesetzte automatisch benachrichtigt werden, wenn ein Vorgang zu lange dauert oder eine Akte zu oft zwischen denselben Tischen pendelt: "Das wird die Arbeitsabläufe erheblich verändern."

Das Kabinett arbeitet bereits seit einem halben Jahr papierlos. Einladungen, Tagesordnungen und Vorlagen für die Sitzungen gehen den Ministerbüros nur noch elektronisch zu. Demnächst sollen auch Gesetzentwürfe ihren langen Weg durch Ministerien, Kabinett und Landtag als Computer-Dateien zurücklegen.

Zehn Millionen Euro pro Jahr sind für das Projekt kalkuliert - zusätzlich zu den rund 300 Millionen Euro, die Hessen ohnehin im Jahr für Computerausstattung ausgibt. Einsparungen bei Arbeits- und Materialaufwand werden nach Ansicht des Staatssekretärs die Investitionen aber bei weitem aufwiegen. Er sieht sogar gute Chancen, dass Hessen seine Erfahrungen in anderen Bundesländern vermarkten kann.

Das E-Government-Projekt zählt zu den wenigen Themen der Landespolitik, die nicht zwischen Regierung und Opposition strittig sind.

Quelle: Wormser Zeitung, 13.05.2004

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