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Wednesday, 3.07.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Einen besseren Service für Bürger und Unternehmen soll in Hessen die elektronische Verwaltung bringen. Die Bearbeitung von Vorgängen soll damit deutlich verkürzt werden, erwartet der Beauftragte für E-Government Harald Lemke. VDI nachrichten: Herr Lemke, was bringt E-Government den Bürgern?

Lemke: Zunächst einen verbesserten Service, beispielsweise ein attraktives und gut handhabbares Internetangebot. Wir müssen die Bürger als allererstes im Bereich der Informationsversorgung abholen. Ich stelle mir eine Art von Verwaltungsgoogle vor, also eine zentrale Stelle im Internet, die mich weiterleitet an alle Informationen, die die öffentliche Verwaltung zu einem bestimmten Thema – zum Beispiel die Leistung der öffentlichen Schulen – bereithält. Wenn wir die Interaktion mit den Bürgern wollen, müssen wir auch um die Anerkennung der E-Mail als Kommunikationsmittel werben. Wir müssen uns aber auch darauf einstellen, dass der eine oder andere es vorzieht, seine Steuererklärung weiter auf Papier abzugeben.

VDI nachrichten: Welche Dienstleistungen kann die Wirtschaft künftig abrufen?

Lemke: Hier gibt es eine Vielzahl von Projekten, die zum Teil auch schon laufen. Es geht unter anderem um das Handelsregister, Steueranmeldungen, Genehmigungsverfahren, das Grundbuchwesen oder die Verarbeitung von Geoinformationen.

VDI nachrichten: Sie sollen Hessen bundesweit zum Vorreiter beim E-Government machen. Bislang sieht es auf Ihren Internetseiten aber noch recht mager aus.

Lemke: Hessen nimmt insoweit eineVorreiterrolle ein, als die Landesregierung E-Government explizit als Regierungsziel formuliert hat. Wir wollen bis zum Ende der Legislaturperiode alle drei E-Government-Ebenen angehen: die Kommunikation innerhalb der Landesverwaltung, die Kommunikation mit der Wirtschaft und die Kommunikation mit den Bürgern. Das betreiben wir in Hessen jetzt sozusagen als Chefsache.

VDI nachrichten: Haben sie schon eine Strategie zur Umsetzung?

Lemke: In der ersten Phase werden wir den Schwerpunkt auf die elektronische Kommunikation innerhalb der Landesregierung legen. Denn, wenn wir gegenüber Wirtschaft und Bürgern mit Online-Dienstleistungen aufwarten wollen, müssen wir zunächst dafür sorgen, dass unsere regierungsinterne Datenautobahn nicht auf Fußwegen endet.

VDI nachrichten: Welche Infrastruktur brauchen Sie?

Lemke: Das fängt bei ganz banalen Dingen an wie einem einheitlichen Netzwerk für alle Dienststellen bis hinunter in die Kommunen. Vor allem aber brauchen wir sichere und zuverlässige E-Mail-Verfahren. Ich möchte, dass wir in fünf Jahren so weit sind, dass eine E-Mail gegenüber dem normalen Postverfahren mit Briefmarken und Einschreiben zum gleichberechtigten Kommunikationsmedium geworden ist – innerhalb der Landesverwaltung und nach außen. Unsere E-Mail-Struktur muss im übrigen so geschaffen sein, dass ein Vorgang nicht in irgendeiner Postablage alle Fristen überdauert, sondern schnell in die richtigen Verwaltungskanäle geleitet wird.

VDI nachrichten: Das klingt, als ob mit E-Government nur die Büroboten abgeschafft werden sollen.

Lemke: E-Government bedeutet sicherlich mehr. Für mich gehören auch transparente Finanzplanungs- und Controllinginstrumente dazu. Wir wollen in Hessen flächendeckend die kaufmännische Buchführung und die Kosten-Leistungs-Rechnung einführen. E-Government reicht auch in den Regierungsalltag hinein. Wir erarbeiten derzeit zum Beispiel ein Dokumentenverarbeitungssystem für Kabinettsvorlagen. Wenn sie so wollen: ein virtuelles Kabinett.

VDI nachrichten: Wo liegen die Einsparpotenziale beim E-Government?

Lemke: Eine öffentliche Verwaltung muss, anders als ein Unternehmen, mit einem relativ geringen Budget ein Maximum an Dienstleistungen erbringen. Sie kann also nur kostengünstiger werden, wenn sie schneller und effektiver arbeitet. Mit Hilfe von E-Government-Strukturen können wir die Bearbeitungszeit für einen Vorgang von durchschnittlich drei Monaten auf einen Monat senken.

VDI nachrichten: Vorgänge brauchen Unterschriften. Wie wollen Sie die elektronische Signatur handhaben?

Lemke: Die wollen wir abgestuft nach Arbeitsbereichen einsetzen. Das heißt, in sensiblen Bereichen werden wir mit einer qualifizierten, über die Telekom gesicherten Signatur arbeiten. Für die meisten Arbeitsplätze reicht meiner Meinung nach aber die so genannte fortgeschrittene Signatur aus, die in unserem eigenen Server abgesichert wird.

VDI nachrichten: Macht es eigentlich Sinn, dass jedes Bundesland an eigenen E-Government-Strukturen strickt?

Lemke: Dies ist der einzig realistische Weg. Jede Fachbruderschaft in der öffentlichen Verwaltung hat bundesweit ihre eigenen Kommunikationsstrukturen. Wir integrieren viele verschiedene Kreise und schaffen Schnittstellen, wo es geht. Aber die Hoffnung, dass es irgendwann ein E-Government-System gibt, das alles abdeckt, ist Utopie.

Quelle: VDI-Nachrichten, 06.11.2003

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