Paul Ehrlich, der Gründer des gleichnamigen Instituts, dem Bundesamt für Sera und Impfstoffe, musste sich noch durch Aktenberge wühlen, verfügte er doch nicht über die elektronische Akte.
Gerade beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) war das Optimierungspotenzial beim Umstieg von der papiergebundenen auf die elektronische Bearbeitung offensichtlich, da ein Schwerpunkt der Arbeit im europäischen Kontext stattfindet. Durch den engen Austausch mit den Zulassungsbehörden der anderen EU-Staaten sowie der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMEA) müssen Tonnen von Akten ausgetauscht werden. Zudem gestaltet sich die Bearbeitung der eingehenden Anträge durch die papiergebundenen Prozesse langwierig. Das PEI verspricht sich somit von der Einführung der elektronischen Vorgangsbearbeitung eine effizientere Bearbeitung der eingehenden Anträge und eine weitere Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Modellmandant
Um den Erfolg der Umstellung zu gewährleisten, hatte ein Projektteam von PEI und Software- und Beratungshaus Mach in einer ersten Planungsphase einen Modellmandant »Europäische Zulassungsverfahren« entworfen. Auf dessen Basis wurden dann verschiedene Konzepte und Tests für zum Beispiel Schulung und fachtechnische Realisierung erarbeitet. Dann wurde der Echtmandant für den Pilotbereich aufgebaut. Das Beratungshaus nahm Erweiterungen sowie Anpassungen an seinem Softwaresystem, zur Vorgangsbearbeitung und elektronischen Aktenführung, Web Informationmanager vor. Endanwender wurden geschult. Zusätzlich passte das Projektteam weiter die fachtechnischen Realisierungskonzepte an und verbesserte sie noch. Die Software-Einführung von der Konzeption bis zum Produktivbetrieb erfolgte im Pilotbereich in knapp fünf Monaten. Das PEI kann so seit dem 30. November 2005 europäische Verfahren zur Zulassung von Arzneimitteln elektronisch bearbeiten. Die Antragsbearbeitung inklusive Aktenführung läuft weitgehend digital. Das Gleiche gilt für die Kommunikation mit den externen Prozessbeteiligten – also den Antragstellern sowie den Zulassungsbehörden der anderen EU-Mitgliedsstaaten.
Durch die vielfältigen Recherchemöglichkeiten wurde intern der Zugriff auf Informationen verbessert. Damit haben sich die Suchzeiten reduziert. Verfahrensteilnehmer werden über die Software zügiger beteiligt. In der papiergebundenen Arbeit unvermeidbare Liege- und Laufzeiten lassen sich durch die elektronischen Prozesse reduzieren. Auch ist eine parallele Bearbeitung durch unterschiedliche Beteiligte möglich.
Insgesamt werden die Kommunikationswege beschleunigt und vereinfacht. Darüber hinaus werden ineffiziente Medienbrüche abgebaut und der administrative Aufwand verringert. Bei dem PEI hat das Projekt Pilotcharakter für die geplante hausweite Einführung der elektronischen Akte. Verläuft es weiter erfolgreich, sollen weitere Prozesse und Bereiche der Vorgangsbearbeitung durch das neue Bearbeitungssystem unterstützt werden – zum Beispiel die nationalen Zulassungsverfahren sowie zentrale Verwaltungsbereiche. Hierzu wird Mitte 2006 eine Evaluierung vorgenommen. Anschließend soll eine Entscheidung über den Ausbau der Lösung auf andere Prozesse und Arbeitsbereiche im PEI getroffen werden.
Dr. Christa Schröder und Dr. Tatjana Wehner stellen die Projektleitung im Pilotbereich Europäische Zulassungsverfahren beim Paul-Ehrlich-Institut in Langen.
Quelle: Vdbiol, 27.02.2006