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Friday, 5.07.2024
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Brandenburg will seine Verwaltung für ein neues Zeitalter rüsten

Gerold H. aus Beelitz schaut seine Mailbox durch: "In Ihrem elektronischen Polizeipostfach ist eine Nachricht", liest er. H. klickt sich in sein Fach. Über das gesicherte virtuelle Postfach teilt ihm der für den Fall zuständige Kommissar mit, dass sein gestohlenes Rennrad doch noch gefunden worden sei. Schon seine Anzeige hatte H. elektronisch über die Internetwache Brandenburg aufgegeben. Zweites Beispiel: Gerlinde S. drückt im Wahlbüro ihre Erkennungskarte in das Terminal. Dann gibt sie ihre Kennnummer ein und wählt elektronisch den Wunschkandidaten für den Landtag. Am Abend ist die Sitzverteilung dank automatischer Umrechnungsverfahren sofort klar. Zugegeben, die letzte Geschichte ist Science-Fiction, auch wenn der Landesbetrieb für Statistik und Datenverarbeitung zusammen mit T-Systems und der Universität Osnabrück bereits das System "I-vote" entwickelt. Für dessen Einsatz fehlt jedoch die rechtliche Grundlage und der Beleg für die Sicherheit. Die elektronische Anzeige mit Antwort der Polizei ist aber bereits Realität. Die Mark ist hier sogar bundesweit Vorreiter.

E-Government lautet die wenig griffige Formel, die das Arbeiten mit neuen Technologien in Politik und Verwaltung zusammenfasst. "Das klingt nicht sehr prickelnd", gibt Lothar Konrad Sattler, Ministerialrat im Innenministerium, zu. Dabei gehe es aber um eine Revolution innerhalb der Bürokratie. Übers Netz sollen Bürger, Wirtschaft und Verwaltung näher zusammenrücken, Verwaltungswege sollen abgekürzt, Zeit und Papier und nicht zuletzt Personal gespart werden. Die Landesregierung hat schon im August 2004 einen Masterplan E-Government vorgelegt. Bis 2008 sollen 21 so genannte Leitprojekte verwirklicht werden - von der bestehenden Internetwache über die Online-Anmeldung am neuen Wohnort bis zur elektronischen Baugenehmigung. 30 Millionen Euro wird der Umbau kosten. Langfristig sollen dadurch 34 Millionen Euro eingespart werden.

Mehr Effizienz verspricht sich die Landesregierung zum Beispiel vom elektronischen Vermessungswesen. Gut 80 Prozent aller politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen sind an verlässliche Daten der Kartographie gebunden. Das Projektteam MEA (Mobiles elektronisches Antrags- und Ablaufverfahren) des Landes will aus der Odyssee durch Archive und Katasterämter den bequemen Zugriff über den Rechner machen. MEA-Mitarbeiter Manfred Oswald: "Es geht weg vom Papier, hin zur digitalisierten Verwaltung." Im Feld erstellte Daten sollen nicht nur jederzeit abrufbar sein, sondern auch mit anderen Anwendungen, etwa bei Finanz- und Grundbuchämtern verknüpft werden.

Das Projekt "Brandenburger Online-Amt" (BOA) will bereits im Herbst von seiner Homepage aus zu Infoseiten einzelner kleiner Ämter des Landes leiten. BOA könnte für diese auch elektronische Formulare bereitstellen und so Druckkosten senken.

Kern von BOA ist die "virtuelle Poststelle". Diese soll nicht nur vor Einblicken Dritter schützen, sondern garantieren, dass Nachrichten tatsächlich von einem bestimmten Absender kommen. Damit könnte noch mehr Verwaltungsarbeit übers Internet erledigt werden. Die rechtliche Latte bei Sicherheitsstandards hängt allerdings hoch.

Dass Online-Dienste, wenn auch zögerlich, von den Bürgern angenommen werden, zeigen elektronische Erklärungen zur Einkommenssteuer. Die sind seit 1999 möglich. "Letztes Jahr gaben sieben Prozent der Betroffenen in Brandenburg ihre Steuererklärung elektronisch ab", sagt Uwe Wortmann, Mitarbeiter im Finanzministerium. Damit liege Brandenburg bei den Bundesländern in der Spitzengruppe.

Autor: Rüdiger Braun

Quelle: Märkische Allgemeine, 26.05.2005

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