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Wednesday, 3.07.2024
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Telemedizin: Mit Datentechnik sollen die weiten Wege in Brandenburg überbrückt werden. Fünf Projekte werden mit zwei Millionen Euro unterstützt.

Bewohner dünn besiedelter Regionen wie Uckermark und Prignitz müssen sich auf ein völlig verändertes Gesundheitssystem einstellen. In den kommenden Monaten soll eigens eine Agentur die Telemedizin im Land vorantreiben. "Die Menschen werden immer älter, der demografische Wandel ist voll im Gange", sagt Jürgen Waldheim, Vize-Vorsitzender des Vereins Telemed-Initiative Brandenburg.

"Aber die Zahl der Ärzte halbiert sich in den nächsten zehn Jahren, keiner will mehr aufs Land." Nun soll der Verein künftig als eine Kompetenzagentur landesweit erster Ansprechpartner für Ärzte, Patienten und Krankenhäuser sein. Schließlich ist Telemedizin auch eine Standortfrage, besonders was Anbieter und Hersteller betrifft. Daher sollen auch Wirtschaftsverbände und Kammern bei der Agentur mitmachen.

Dass Bedarf an neuen Wegen zur Behandlung von Patienten besteht, daran gibt es keinen Zweifel. Im brandenburgischen Gesundheitsministerium kursieren Ideen, wie die Gesundheitsversorgung der Zukunft aussehen könnte, in anderen Ländern wie Schottland oder den USA läuft derlei schon. Etwa ein Gesundheitscontainer mit allerlei Apparaturen, eine Hilfskraft bedient alles, Kameras liefern hochauflösende Bilder von einem entzündeten Ohr zu einem Arzt an einem anderen Standort.

"Die Treffsicherheit bei dieser Diagnose ist genauso hoch wie beim direkten Arztbesuch", sagt Michael Siebke, zuständiger Referent im Gesundheitsministerium. Jürgen Waldheim hält auch mobile Stationen solcher Art in einigen Jahren für möglich. Gesundheits-Staatssekretär Daniel Rühmkorf plädiert für neue Wege bei der Diagnose, damit Patienten nicht mehr kilometerweit übers Land fahren müssen.

Im Notfall übernimmt ein Arzt mit freien Kapazitäten per Tele-Schaltung die Diagnose und empfiehlt dem Personal vor Ort die Behandlung. Es gibt bereits eine Reihe von Projekten, die sind aber kaum miteinander vernetzt. So sind Uckermark und Barnim Teil der europäischen Telemedizin-Modellregion Pomerania. Im Kern geht es darum, Diagnostik und Therapie für Tumor-, Herz-, Schlaganfall- und Unfallpatienten rund um die Uhr sicherstellen zu können.

Durch die digitale Kommunikation sollen auch Lösungen eines internetbasierten Tumorregisters, Augenheilkunde und Hals, Nasen, Ohren gefunden werden. Im Kern geht es darum, dass ein Arzt auf das Expertenwissen eines Kollegen etwa in Greifswald oder Stettin zurückgreifen kann. Wenn etwa in Templin ein Röntgen-Bild per Telekonferenz nach Stettin geschickt und dort die Diagnose erstellt wird.

Ebenfalls im Norden Brandenburgs läuft das Projekt "Fontane". Patienten mit Herzschwäche übermitteln die selbst erfassten Daten zu Gewicht oder Blutdruck an eine Zentrale in Berlin, wo Ärzte rund um die Uhr im Notfall Alarm schlagen können. Zudem besteht enger Austausch mit den niedergelassenen Ärzten, das soll teure Krankenhaus-Aufenthalte verhindern. Ähnlich arbeitet das Telemedizin-Zentrum des Städtischen Klinikums in Brandenburg (Havel), es betreut Herz-Patienten in ganz Brandenburg.

Auch die AOK hat mit ihrem Projekt "Cordiva" ein eigenes Vorsorgeprogramm bei Herzschwäche. Dabei sendet der Patient jeden Morgen die Messergebnisse seiner speziellen Waage an ein telemedizinisches Zentrum weiterleitet. Die AOK berichtet über sinkende Kosten und weniger Klinikaufenthalte.

Die neue Agentur soll alles miteinander vernetzten, eine Strategie im Land, wo es mit der Telemedizin hingehen soll, gibt es noch nicht. Nun sollen fünf Projekte mit insgesamt zwei Millionen Euro mit Mittel aus dem Konjunkturpaket angeschoben werden. Davon profitiert auch der Forschungsstandort, bei der Universität Potsdam läuft alles zusammen.

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Autor(en)/Author(s): Alexander Fröhlich

Quelle/Source: Nordkurier, 20.02.2010

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