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Wednesday, 3.07.2024
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Bayern will virtuelle Behördengänge drastisch vereinfachen

Viele Behördenvorgänge sind zwar bereits virtuell, verlangen aber immer noch den Gang von Amtsstube zu Amtsstube. Bayerns erster Mann für die Elektronische Verwaltung, Dr. Manfred Mayer aus der Staatskanzlei, will damit Schluss machen. Die Bürger sollen stattdessen zukünftig an einer zentraler Stelle im Netz komplett bedient werden.

Manfred Mayer: Wir wollen in Zukunft über unser so genanntes E-Government-Portal es dem Bürger ermöglichen, dass er nicht wie bisher sich auf Einzelaufgaben konzentriert, sondern quasi den gesamten Prozessablauf in einem anstoßen kann. Dazu wird er einen Einstieg finden über ein so genanntes Lebenslang-Prinzip. Ein Beispiel: ein Kind wird geboren, also Lebenslage: Geburt eines Kindes. Damit ist natürlich eine Reihe von Verwaltungsvorgängen verbunden. In der Vergangenheit war es in der Tat so, man musste beim Standesamt die Geburtsurkunde beantragen, man musste zum Finanzamt gehen, um sich dort den Kinderfreibetrag eintragen zu lassen. Man musste an eine andere Stelle gehen, um ein Erziehungsgeld zu bekommen. In Zukunft soll der Bürger quasi mit einem Mausklick alle diese drei Verwaltungsleistungen auf einen Schwung anstoßen können.

Manfred Kloiber: Das Problem dabei ist ja - sie haben es schon genannt - dass mehrere Behörden miteinander ins Spiel geraten, die oft völlig unterschiedliche Strukturen haben. Müssen Sie da nicht sozusagen hinter den Kulissen erst einmal alles auf eine Linie bringen?

Manfred Mayer: Das wäre der eine Weg, dass wir quasi alle Verwaltungen dazu bringen, dass sie elektronisch quasi mit einer Sprache sprechen. Der andere Weg ist, dass wir uns einer so genannten Integrationsplattform bedienen, die dann ihrerseits in der Lage ist, über standardisierte Webservices die jeweiligen Fachanwendungen aus den unterschiedlichen Bereichen - sei es aus dem staatlichen Bereich, sei es aus dem kommunalen Bereich - entsprechend anzustoßen.

Manfred Kloiber: Wie sieht das konkret aus?

Manfred Mayer: Hier geht es ja darum, dass wir auf der einen Seite staatliche Zuständigkeiten haben. Um beim Beispiel zu bleiben, der Eintrag in die Lohnsteuerkarte und die Beantragung der Freibeträge macht das Finanzamt, die Geburtsurkunde stellt das örtliche Standesamt, also die Gemeinde, aus. Das Erziehungsgeld wiederum wird von einer staatlichen Stelle zur Verfügung gestellt. Das führt dazu, dass man entweder über normierte Schnittstellen und Datenaustauschformate kommuniziert oder ganz einfach eine entsprechende Integrationsschicht nutzt, die dann ihrerseits die Verbindungen zu den unterschiedlichen Systemen herstellt.

Manfred Kloiber: Ist es nicht ein ehrgeiziges Ziel, was zunächst einmal sehr viel mehr Geld kosten wird als es an Verwaltungsvereinfachung vielleicht wieder einspielen wird?

Manfred Mayer: Ich bin der Meinung, dass es zwar Geld kostet, das alles zu realisieren. Aber auf der anderen Seite müssen wir einfach auf den technischen Innovationszyklus setzen, wo die Dinge ohnehin letztlich erneuert werden. Ich sehe weniger ein technisches Problem, sondern aus meiner Sicht ist ein mentales Problem. Momentan sind einfach die Verwaltungsmitarbeiter noch zu sehr darauf konzentriert, ihre Fachaufgabe losgelöst zu erledigen. Man muss im Denken weiter kommen, und zwar muss man sich eben in diese Richtung weiter entwickeln, dass man nicht den einzelnen in seinem eigenen Ablauf sieht, sondern den Gesamtprozess, der mit der Durchführung dieser Verwaltungsleistung verbunden ist. Ich glaube, wenn wir diese mentalen Hindernisse beseitigen, dann tun wir uns deutlicher leichter und kommen schneller zum Ziel.

Manfred Kloiber: Wann wird es denn soweit sein, dass man in Bayern mit einem Klick viele Behördengänge in einem Aufwasch erledigen kann?

Manfred Mayer: Wir haben jetzt das Projekt "E-Government-Portal Bayern" aufgelegt und wir wollen an zwei Musteranwendungen bis Ende nächsten Jahres dafür sorgen, dass diese Integration Fachebenen übergreifend gelingt. Im ersten Schritt haben wir weniger den Bürger unmittelbar im Fokus, weil der Bürger viel zu wenig Verwaltungskontakte hat, sondern wir haben mehr die Massennutzer von Verwaltungsleistungen im Fokus. Das sind Industrieunternehmen, Wirtschaftsunternehmen, Notare, Anwälte und so weiter. Da wollen wir uns eben einen Poweruser heraussuchen und es mit dem exemplarisch durchexerzieren und dabei auch die Erfahrung gewinnen und letztlich auch die Gewissheit haben, was am Ende an Gewinn für beide Seiten herausspringt.

Autor: Manfred Kloiber

Quelle: Deutschlandfunk , 14.11.2005

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