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Thursday, 19.09.2024
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Wie die Slowakei den Anschluss an die Welt des Internet sucht - Im Internetcafé ist Surfen billiger als von zu Hause.

Ein so junger Staat wie die Slowakei zu sein, hat im Zeitalter des World Wide Web durchaus seine Vorteile. Denn in dem vermeintlich unscheinbaren Land in der Mitte des Kontinents, das gerade erst ein Jahrzehnt auf dem Buckel hat, gibt es deutlich weniger Aktenberge als anderswo. Und so müssen auch viel weniger Daten als anderswo ins Internet gestellt werden, um unter Beweis zu stellen, dass die Slowakei über Verwaltungsstrukturen verfügt, die für das 21. Jahrhundert und damit für das Zeitalter des E-Government taugen. Und das wiederum bedeutet, dass die Administration der Slowakei sehr viel schneller als die anderer Länder nachhaltig technologisch fit gemacht werden kann. So jedenfalls malen es sich die Online-Experten im slowakischen Regierungsapparat in ihren kühnsten Träumen aus. Am weitesten fortgeschritten scheinen zumindest die Planungen im Außenministerium. Denn diese Behörde kann nicht nur per se Maßstäbe für eine virtuelle Administration setzen, sondern gilt inzwischen wieder als wichtigste Institution bei der Selbstdarstellung der Slowakei nach außen, auch was Image-Kampagnen angeht. Zum besseren Verständnis: In der Vergangenheit gab es schon Versuche, Agenturen mit Kampagnen zur Verbesserung des Images der Slowakei im Ausland zu beauftragen; doch diese waren alles andere als erfolgreich. Ursache dafür waren nach offizieller Lesart vor allem Abstimmungsschwierigkeiten zwischen dem Ministerium und den Agenturen. Und so liegt die alleinige Verantwortung für das Image der Slowakei wieder beim Stab von Außenminister Eduard Kukan.

Allerdings halten sich die Verantwortlichen selbst noch bedeckt zu ihren Vorhaben. Aufschluss über das, was sich derzeit in den Köpfen der Fachleute tut, gibt schon eher eine Studie der Universiät Oslo zum virtuellen Umbau nicht nur des Außenministeriums. Danach bestehen trotz aller Kritik der EU an der schleppenden slowakischen Administration realistische Chancen, die Verwaltung bis zum EU-Beitritt am 1. Mai völlig zu virtualisieren. Das Land sei klein genug dafür. Die norwegischen Experten nennen auch einen schlagenden Grund dafür, ihre Vorschläge so schnell wie möglich umzusetzen: Die Haushaltsmittel der Slowakei sind noch immer sehr begrenzt, und eine virtuelle Verwaltung wäre deutlich günstiger als eine viel Papier verschlingende. Immerhin: Die Diskussion, die derzeit noch eher hinter verschlossenen Türen stattfindet, trägt anderweitig schon erste Früchte. Derzeit sind die slowakischen Medien nicht nur wegen der Sommerpause voll von Hinweisen auf neue Websites. Im September bekommt etwa der oberste Richter des Landes, Jozef Majchrák, seinen eigenen Internetauftritt. Für viele ist das ein Hoffnungsschimmer, dass sich in der als äußerst korrupt geltenden Justiz die Dinge zum Besseren wenden könnten. Denn die virtuelle Transparenz schlägt möglicherweise auch auf die Situation in den Gerichtssälen durch.

Die Slowakei gilt in puncto Internet immer noch als Land mit erheblichem Nachholbedarf. Gerade einmal ein Fünftel der Bevölkerung leistet sich einen Internetanschluss in den eigenen vier Wänden. Das Surfen zu Hause kostet jedoch mindestens zwei- bis dreimal so viel wie die entsprechenden Minuten in einem Internetcafé, und vielen ist dieser Preis für die virtuelle Erreichbarkeit rund um die Uhr zu hoch.

In der Hauptstadt Bratislava kostet eine Minute Surfen im Internetcafé momentan im Schnitt umgerechnet 2,5 Cent. Seit etwa einem halben Jahr tobt ein beinharter Preiskampf zwischen den Café-Betreibern in Bratislava; die ersten von ihnen haben auch schon die Waffen gestreckt und ihre Pforten geschlossen. Inzwischen wagt kaum noch jemand, umgerechnet fünf Cent pro Minute Surfen zu verlangen, wie es im vergangenen Jahr noch der Fall war, es sei denn, er bietet besondere Services wie freie Getränke. Am liebsten surfen die Slowaken in der halbwegs gemütlichen Atmosphäre ihrer Büros. Verlässliche Erhebungen zur privaten Nutzung des Internets während der Dienstzeit gibt es nicht; gemunkelt wird aber, dass sich die Zeiten in Größenordnungen zwischen zwei und drei Stunden bewegen. Insoweit sind auch die Beschwerden der EU über die vergleichsweise zu geringe Produktivität slowakischer Unternehmen nur mit starken Vorbehalten zu lesen.

Wie so Vieles in der Slowakei sind auch die Internetverbindungen auf die Hauptstadt Bratislava konzentriert. Der Rest des Landes ist nur spärlich mit Internetzugängen ausgestattet. Selbst in größeren Städten wie Banská Bystrica mit einer überwiegend studentischen Bevölkerung ist es schwierig, Internetcafés zu finden.

Daher sind den ehrgeizigen Bemühungen der Regierung um den Anschluss ihres Landes auch an den virtuellen Rest der Welt derzeit noch deutliche Grenzen gesetzt. Die Slowaken haben mit einem durchschnittlichen Einkommen von umgerechnet rund 325 Euro schlichtweg nicht das Geld, sich in größerem Maße ins Internet einzuloggen. Derzeit dauert es oft auch noch unverhältnismäßig lange, sich zu Hause einen Internetanschluss legen zu lassen. Faktisch hält die Slovenské telekomunikacie das Monopol auch auf diese Dienstleistung - und lässt sich mit deren Erbringung teilweise über ein Vierteljahr Zeit. Das ist nicht nur lästig bei einem Umzug. Und so wird es in der Slowakei wohl doch noch ein Weilchen länger dauern als anderswo, bis ein Großteil der Bevölkerung von sich behaupten kann, „drin“ zu sein.

Quelle: Prager Zeitung

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