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Wednesday, 3.07.2024
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Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Leuschner (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Der Innenminister hat am 24. Oktober 2005 einen "Bevollmächtigten für Informationstechnik der Landesregierung" der Öffentlichkeit vorgestellt. Laut Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 25. Oktober 2005 soll dieser als "Chief Information Officer" bezeichnete Bevollmächtigte mit B 4 besoldet werden. Begründet wird die Einrichtung dieser Stelle damit, dass die strategische Neuausrichtung der Informationstechnik des Landes durch eine im Ministerium für Inneres und Sport angesiedelte verantwortliche Stelle vorangetrieben werden soll. Bereits im April dieses Jahres hatte die Landesregierung im Rahmen der Phase zwei der Verwaltungsmodernisierung beschlossen, den Betrieb der Informationstechnik in der Landesverwaltung neu zu organisieren. In seiner Pressemitteilung lässt sich der Innenminister mit folgenden Worten zitieren: "Ich bin froh und ein bisschen stolz, dass es uns gelungen ist, einen absoluten Fachmann aus der Wirtschaft für die Gestaltung der Informationstechnik gewinnen zu können". Diese Aussage vermittelt den Eindruck, dass der Innenminister an der bisher vorhandenen IT-Kompetenz in der Landesverwaltung zweifelt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Welche konkreten "weit reichenden Veränderungen in der komplexen IT-Landschaft der Landesverwaltung" plant die Landesregierung, in welchem Zeitrahmen sollen sie erfolgen, und welche Kosten sind damit verbunden?
  2. Welche konkreten "Zentralisierungen und Standardisierungen" sind nach Auffassung der Landesregierung "in den Jahren insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen" im Betrieb notwendig, und mit welchen Berechnungen kann die Landesregierung ihre Behauptung konkretisieren, dass solche Zentralisierungen und Standardisierungen Kosten sparend seien?
  3. Welches spezifische Know-how bringt der neue IT-Bevollmächtigte mit, warum war dieses Know-how nicht in der Landesverwaltung vorhanden, und wie wurde die Ausnahme vom Einstellungsstopp gerechtfertigt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Die Landesregierung hat im April 2005 die strategische Neuausrichtung des IT-Einsatzes in der Landesverwaltung beschlossen. MI wurde beauftragt, eine für den IT-Bereich verantwortliche Stelle zu schaffen und eine geeignete Personalauswahl vorzunehmen.

Anlass für diese Beschlussfassung war, dass in den nächsten Jahren aus wirtschaftlichen Gründen umfangreiche Zentralisierungen und Standardisierungen im Betrieb der IT umzusetzen sind. Dieser grundlegende Umbau der IT-Landschaft erfordert sowohl technisches Know-how als auch die Verankerung des Themas IT in den politischen Entscheidungsstrukturen des Landes, um die für eine erfolgreiche Umsetzung einer Maßnahme dieser Größenordnung notwendigen politischen Unterstützung sicherzustellen.

Ergänzend sei angemerkt, dass die Einrichtung der Funktion eines so genannten Chief- Information-Officer (CIO) für die Landesverwaltung bereits im November 2002 durch die vorherige Landesregierung beschlossen und die Ausschreibung der entsprechende Stelle beauftragt wurde. Der Auftrag ist aufgrund der Diskontinuität nicht mehr zur Umsetzung gekommen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 2.:

Der Aufbau der IT-Infrastruktur in der Landesverwaltung ist in der Vergangenheit nur für ressortübergreifende Bereiche wie das Weitverkehrsnetz koordiniert und zentral gesteuert worden. Der Bereich der lokalen Infrastrukturen wurde weitgehend isoliert von jedem Ressort aufgebaut. Der gesamte IT-Einsatz von der Planung über die Mittelveranschlagung bis zum Betrieb der dezentralen Systeme wurde von den Ressorts selbst erledigt und als untrennbar von der Erledigung der Fachaufgaben betrachtet. Dies entsprach seinerzeit der gültigen Organisationslehre und den Anforderungen der Technik. Eine Zentralisierung und Standardisierung des IT-Betriebs und der IT-Strukturen konnte daher nur in geringem Maße stattfinden.

Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen für einen effizienten IT-Betrieb entscheidend verändert. Durch leistungsfähige Datennetze, die deutlich höhere Übertragungsgeschwindigkeiten zu gleich bleibenden Kosten ermöglichen und die erfolgte Weiterentwicklung der IT-Technik hat der Organisationsgrundsatz der örtlichen Nähe seine Bedeutung verloren. Durch die neuen innovativen Organisationsmöglichkeiten, durch Standardisierungen und eine Zentralisierung der Ressourcen sind Potenziale gewachsen, die einen IT-Einsatz mit weitaus niedrigeren Kostenansätzen zulassen. Von der Wirtschaft werden seit mehr als einem Jahrzehnt die neuen Organisationsmodelle eingesetzt. In Niedersachsen sind lediglich in einigen Verwaltungsbereichen zukunftsorientierte IT-Konzepte realisiert bzw. auf den Weg gebracht worden.

Geplant ist es, eine weitgehende Standardisierung von Prozessen, Systemen und Verfahren und eine Zentralisierung des IT-Betriebs beim zentralen IT-Dienstleister izn zu erreichen. Das Projekt mit. Niedersachsen ist aufgesetzt worden, um die technischen Voraussetzungen für die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Landesverwaltung zu schaffen. Durch die so möglichen Effizienzsteigerungen wird es mittelfristig zu erheblichen Entlastungen des

Landeshaushalts kommen. Art und Umfang der Einsparungen werden im Rahmen der jetzt im Projekt mit Niedersachsen anstehenden Umsetzungsplanung ermittelt.

Allein für den zum Austausch von E-Mails notwendigen Exchange-Verbund sind landesweit derzeit ca. 400 Server installiert. Mit den neuen Versionen der Software, den leistungsfähigeren Servern und den inzwischen im Netz zur Verfügung stehenden Bandbreiten ist es möglich, die Zahl der Server sehr stark zu reduzieren und an wenigen Standorten zu konzentrieren. Vorliegende Berechnungen sagen aus, dass so zusätzlich notwendige Investitionen in Höhe von 20 Mio. € in den nächsten fünf Jahren vermieden werden können.

Eine Konsolidierung der übrigen Serverstrukturen (ca. 4000) auf wenige Standorte bietet weitere Potenziale. Durch eine Zentralisierung der Server können der Administrationsaufwand und die Softwarekosten erheblich reduziert werden. Die Einsparpotenziale lassen sich nicht im Vorhinein konkret ermitteln sondern nur anhand von Beispielen aus der Wirtschaft quantifizieren, so hat die Fa. Gartner Werte zwischen 2% und 70% ermittelt. Derzeit wird eine Analyse der IT-Strukturen der Landesverwaltung durchgeführt, deren Ergebnis bis zum Jahresende vorliegen wird. In einer Detaillierungs- und Planungsphase soll bis 30.06.2006 die Migration der IT-Landschaft konkretisiert werden. Insgesamt wird der Migrationsprozess nach Erfahrungen im Bereich der Wirtschaft vier bis fünf Jahre dauern.

Zu 3.:

Mit der Aussage, "Ich bin froh und ein bisschen stolz, dass es uns gelungen ist, einen absoluten Fachmann aus der Wirtschaft für die Gestaltung der Informationstechnik gewinnen zu können" werden keinesfalls Zweifel an der bisher vorhandenen IT-Kompetenz in der Landesverwaltung zum Ausdruck gebracht. Vielmehr ist - wie bereits ausgeführt - vor dem Hintergrund der unausweichlichen Neuausrichtung der IT des Landes die Verankerung dieses Themas in den politischen Entscheidungsstrukturen des Landes erforderlich. Dazu müssen die komplexen technischen Anforderungen verknüpft werden mit den politischen Vorgaben zur Entwicklung des Landes. Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen musste es sich bei dem zukünftigen IT-Bevollmächtigten um einen hochqualifizierten Fachmann handeln, der insbesondere auf Grund langjähriger Erfahrungen mit standardisierten Verfahren in vollem Umfang die Gewähr für die erfolgreiche Wahrnehmung dieser Aufgaben bietet. Mit der Entscheidung für den ausgewählten Bewerber sind danach keine Zweifel an der unbestritten hohen Qualifikation der mit der Informationstechnik beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung verbunden; vielmehr wurde ausdrücklich auf seine darüber hinaus gehenden besonderen Kompetenzen abgestellt. Dies war auch Grundlage der Entscheidung des Finanzministeriums die beantragte Ausnahme vom Einstellungsstopp für den IT-Bevollmächtigten zu erteilen.

Quelle: Nds. Ministerium für Inneres und Sport, 11.11.2005

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