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Friday, 5.07.2024
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Biometrischer Ausweis sorgt für lange Schlangen in Einwohnermeldeämtern

In den deutschen Einwohnermeldeämtern herrscht derzeit Hochbetrieb: Viele Bundesbürger haben in den vergangenen Tagen und Wochen noch einen "alten" Reisepass beantragt, denn ab dem 1. November können nur noch die neuen, teureren Reisepässe mit "biometrischen Merkmalen" bestellt werden.

Sie enthalten nicht nur einen eingebautem elektronischem Chip, auf dem das Gesicht biometrisch erfasst ist, sondern kosten mit 59 Euro fast doppelt so viel wie die 26 Euro teuren alten Ausweisdokumente.

In manchen Einwohnermeldeämtern gingen deshalb im Oktober fast doppelt so viele Anträge für einen Reisepass ein wie im Vormonat.

So etwa in Dresden: Normalerweise wollen in der sächsischen Metropole 2.700 bis 2.800 Bürger pro Monat einen Reisepass. Im Oktober könnten es laut Regina Ebeling, Abteilungsleiterin Pass- und Meldewesen, bis zu 5.000 Stück sein: "Für die meisten Leute ist das vor allem eine Frage des Preises", ist Ebeling überzeugt.

Doppelt so viele Anträge

Auch in Nürnberg mussten die Mitarbeiter laut dem Gruppenleiter der Abteilung Passwesen, Herbert Döll, in den vergangenen Wochen doppelt so viele Reisepassanträge bearbeiten wie sonst im Oktober üblich. Deshalb kommt es an den Schaltern zu langen Wartezeiten.

Die fertigen Pässe erhielten die Bürger aber dennoch nach den auch bislang üblichen vier bis fünf Wochen. "Beim neuen Pass müssen die Leute dagegen wegen der technischen Umstellung in der Bundesdruckerei in der ersten Zeit etwa acht Wochen warten", so Dölls Stellvertreter Ronald Vizetum.

Angst vor der elektronischen Erfassung

Neben dem Kostenfaktor und der längeren Wartezeit spielen für einen Teil derer, die jetzt noch schnell einen Reisepass beantragt haben, auch die Angst vor der elektronischen Erfassung der Gesichtsmerkmale eine erhebliche Rolle.

"Ich weiß doch nicht, wer irgendwann alles Zugriff auf meine biometrischen Daten hat", sagt ein Student, der sich gerade in einer Schlange eines Münchner Einwohnermeldeamtes eingereiht hat.

"Es geht um viel Geld"

Die meisten Wartenden sehen den höheren Zeitaufwand gelassen. "Schließlich geht es um viel Geld", sagt eine Frau Mitte 50. Die Behörden der bayerischen Landeshauptstadt registrierten in den vergangenen Tagen etwa ein Drittel mehr Anträge als in der Vorwoche.

Auch Ilka Dernedde vom Einwohnermeldeamt in Kiel berichtet von einem "sehr, sehr deutlichen Anstieg" der Anträge in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt im Oktober. Auch in Köln ergibt sich das gleiche Bild. "Viele Bürger wollen noch schnell den alten Pass. Es gab aber auch schon die ersten Nachfragen für die neuen Dokumente", sagt Gert Rodenburg, Leiter der Zentralen Meldebehörde.

Noch eine letzte Möglichkeit

Die neuen biometrischen Dokumente dürfen Rodenburgs Mitarbeiter aber erst ab dem 1. November ausstellen. Am Montag haben die Bürger außer in den fünf neuen Bundesländern, wo die Behörden wegen des Reformationstages geschlossen bleiben noch ein letztes Mal die Möglichkeit noch den günstigeren, alten Reisepass zu beantragen.

Deutschland ist nach Belgien das erste Land in Europa, das biometrische Pässe einführt. Bis die neuen Pässe allerdings auch von den passenden Kontrollmaschinen gelesen werden können, wird es voraussichtlich noch bis 2008 dauern. Bis dahin werden weiterhin Grenzbeamte die Pässe kontrollieren.

Autor: Tobias Lill

Quelle: ZDF heute, 30.10.2005

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