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Friday, 5.07.2024
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Über eine Mio. Wahlcomputer statt Zettel und Urnen | Nicht vernetzt | Eingesammelt und mit "Resultat"-Knopf Ergebnisse ermittelt | Kritiker monieren fehlenden Nachweis | Und unkontrolliertes System In Indien, der größten Demokratie der Welt, wurde in den vergangenen drei Wochen die Parlamentswahl in mehreren Phasen abgewickelt. Die rund 660 Millionen registrierten Wähler haben dabei erstmals nicht mit Wahlkarten, sondern per Knopfdruck gewählt. Dafür standen rund eine Million elektronische Wahlgeräte zur Verfügung.

Die tragbaren Maschinen, die vom staatlichen Unternehmen Bharat Electronics hergestellt wurden, bestehen aus einer Kontrolleinheit für die Wahlbeamten und einer Wahleinheit, an der die Bürger ihre Stimmen abgaben, wozu der Knopf neben dem Namen und dem Symbol des gewünschten Kandidaten gedrückt werden musste. Ein Piepton bestätigte den Abschluss des Vorgangs.

Die Maschinen sind allerdings nicht wie die Wahlmaschinen in den USA vernetzt, sondern wurden nach der Stimmabgabe wie klassische Urnen eingesammelt und in 1.214 Auszählungszentren ausgewertet: Dazu muss schlicht der "Resultat"-Knopf gedrückt und das Ergebnis abgelesen werden.

Die elektronische Stimmenabgabe wird im kleineren Rahmen bereits in Brasilien, den Niederlanden und den USA eingesetzt. Vor allem in den USA blieben dabei Pannen nicht aus.

Bharat Electronics Wahlcomputer

Stimmabgabe unter Gewaltandrohung verhindert

Dank der Wahlmaschinen konnten die Resultate der Wahl ertsmals Stunden nach der Schließung der letzten Wahllokale bestimmt werden - ein Vorgang, der früher mehrere Tage in Anspruch nahm.

Daneben sollen die Maschinen aber auch "Wahlverbrechen" entgegenwirken: Nicht selten kam es bei vergangenen Wahlen vor, dass ganze Wahllokale von bewaffneten Angreifern übernommen wurden, um die Wähler zur "richtigen" Stimmabgabe zu zwingen. Einige Male wurden die Wahlkarten auch auf dem Weg zur Auszählung gestohlen.

Wäre dagegen in den letzten Wochen ein Wahllokal entsprechend attackiert worden, hätten die Beamten die Maschinen auf Knopfdruck herunterfahren können.

Einen Zwischenfall gab es allerdings im Bundesstaat Chhattisgarh, wo Aufständische die Wahlbeamten verletzten und die Wahl-Computer schlicht stahlen.

Mehr zur Wahl in ORF.at

Erstmals elektronische Wahlen in Indien

Zweifel an Zuverlässigkeit

Wie in den USA wurde auch in Indien die Zuverlässigkeit der Wahlmaschinen angezweifelt: Da die Maschinen keine Bestätigung ausdrucken, ist beispielsweise eine Nachzählung unmöglich.

Außerdem wurde von Kritikern wie dem "Simputer"-Erfinder Swami Manohar moniert, dass das Innenleben der Wahlmaschinen nicht von unabhängigen Stellen überprüft wurde: Einblicke in die Software haben nur wenige Regierungsbeamte.

Das oberste indische Gericht wurde in der Sache während der Wahl angerufen und wies die Beschwerden grundsätzlich ab, legte allerdings Auflagen fest, nach denen die Wahlkommission eine unabhängige Überprüfung gestatten muss - was bisher aber nicht geschehen ist.

Der "Simputer" soll ein kostengünstiger Zugang für arme Menschen zum Internet sein.

Neustart für indischen Simputer

Unregelmäßigkeiten vermutet

Derzeit liegen Berichte über Wählerbeschwerden, Unregelmäßigkeiten und auch Wahlbetrugsverdacht im Zusammenhang mit den Wahlmaschinen vor. Details werden aber erst entsprechende Untersuchungen an den Tag bringen.

Quelle: futureZone, 14.05.2004

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