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Wednesday, 3.07.2024
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Fast alle Allgemeinärzte angemeldet / Lockeres Datenschutzkonzept als Erfolgsfaktor

Während in Deutschland noch diskutiert wird, ist das dänische Gesundheitswesen fast komplett online gegangen. Über ein nationales Gesundheitsportal wird ein Großteil der medizinischen Kommunikation abgewickelt.

"Mittlerweile sind alle dänischen Krankenhäuser, 98 Prozent der Allgemeinärzte, alle Apotheken und über siebzig Prozent der Fachärzte beim dänischen Gesundheitsportal ‚Sundhed.dk‘ angemeldet", sagt der Arzt Dr. Klaus Juffernbruch von der E-Health-Sparte des IT-Unternehmens IBM. Etwa 80 Prozent aller Kommunikationsprozesse im Gesundheitswesen würden über das Portal abgewickelt, so Juffernbruch. Besonders beliebt seien Laborwerte, die zu 95 Prozent, und Entlassbriefe, die zu fast 100 Prozent über das Portal verschickt werden.

Portal bindet Patienten in die Gesundheitskommunikation ein

Auch für Patienten bietet das dänische Portal viele interessante Funktionen. So haben sich beispielsweise bisher 2,25 der 5,4 Millionen Dänen für eine elektronische Patientenakte registrieren lassen. Es gibt eine elektronische Medikamentendokumentation und elektronische Rezepte. Außerdem sind Online-Terminbuchungen via Gesundheitsportal bei den meisten niedergelassenen Ärzten ohne Probleme möglich.

Dänen, die diese Anwendungen nutzen wollen, beantragen einmalig ein elektronisches Signaturzertifikat, also eine Art persönlichen elektronischen Schlüssel, den nur der einzelne Patient selbst kennt. Es handelt sich dabei nicht (wie es in Deutschland mit der elektronischen Gesundheitskarte geplant ist) um eine Lösung mit Mikroprozessorchipkarten, sondern um eine reine Softwarelösung. Wenn ein Patient unterwegs das Portal nutzen möchte, kann er diese "Soft-Signatur" zum Beispiel auf einen USB-Stick kopieren und dann von überall her auf seine Daten zugreifen.

Der vielleicht wichtigste Erfolgsfaktor bei dem dänischen Projekt ist ein relativ liberales Datenschutzkonzept. So kann jeder Arzt prinzipiell auf jede Patientenakte zugreifen. Er muss lediglich vorher ein Webformular ausfüllen, auf dem er ankreuzt, dass der Patient ihm gerade gegenüber sitzt und mit dem Zugriff einverstanden ist. Es gibt ferner ein Feld, das der Arzt ankreuzt, wenn der Patient bewusstlos ist.

Jeder Zugriff wird mit der elektronischen Signatur des Arztes - auch hier kommt eine Software und keine Chipkarte zum Einsatz - dokumentiert. Damit können Patienten stets nachvollziehen, wer wann die Daten angesehen hat und eventuellem Missbrauch nachgehen. Etwas restriktiver ist die Regelung bei der Arzneimitteldokumentation. Hier erhalten nur jene Apotheken Einblick, die der Patient explizit dazu ermächtigt hat.

Einsparungen überwiegen bereits jetzt die Investitionen

"Es gab im Vorfeld eine nationale Diskussion über das Thema Datenschutz und über die Frage, ob es gut ist, dass Ärzte potenziell alle Daten sehen können", erzählt Juffernbruch. Das Ergebnis der Debatte war, dass die Vorteile die Nachteile überwogen.

Auch in finanzieller Hinsicht gilt das dänische Projekt als Erfolg, was unter anderem an der elektronischen Rezeptübermittlung liegt. Die bisherigen Investitionen werden von der dem dänischen Gesundheitsministerium zugeordneten Betreiberbehörde Medcom mit gut einer halben Milliarde Euro angegeben. Dem stehen schon jetzt über 800 Millionen Euro an Einsparungen gegenüber.

Laut IBM profitieren auch die Ärzte: "In einer durchschnittlichen dänischen Praxis lassen sich durch das nationale Gesundheitsportal pro Wochen bis zu dreißig Stunden Verwaltungsarbeit einsparen", so Juffernbruch. Ärzte, die an dem System teilnehmen, kommen außerdem schneller an ihre Honorare und erhalten eine Entschädigung für entstehende Investitionen in Höhe von 1500 Euro.

Autor(en)/Author(s): (gvg)

Quelle/Source: Ärzte Zeitung, 02.03.2007

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