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Freitag, 22.11.2024
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Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis am IfG.Research; Potsdam

Teil I: Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis

1. Allgemeine Grundsätze

Wissenschaft als systematisch-methodischer Prozess des Erforschens und Erklärens von gesellschaftlichen Entwicklungen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, aus der sich in vielerlei Hinsicht Konsequenzen für den Menschen und seine natürlichen, technischen und sozialen Lebensgrundlagen ergeben können. Deshalb muss auch der wissenschaftliche Fortschritt einer ständigen Reflexion unterliegen. Ebenso steht die Wissenschaft selbst in einem Prozess des gegenseitigen Nehmens und Gebens. All dies setzt Verlässlichkeit des Forschens und seiner veröffentlichten Ergebnisse voraus. Damit fällt allen an der Forschung Beteiligten eine große Verantwortung zu. Da vom Ergebnis ihrer Arbeit mittelbar oder unmittelbar die künftige Entwicklung entscheidender Lebensbereiche und technische Innovationen sowie nicht zuletzt auch der wissenschaftliche Fortschritt abhängen können, kommen der Korrektheit ihrer Methoden, der Redlichkeit bei Darstellung von Ergebnissen und der Unverfälschtheit ihrer Veröffentlichung wesentliche Bedeutung zu. Um dies zu gewährleisten, sind – entsprechend den Empfehlungen der DFG – vor allem folgende Anforderungen an die wissenschaftliche Arbeit und den Umgang mit den Ergebnissen zu stellen:

  • Durchführung der Untersuchungen nach dem neuesten Stand der Forschung: Dies setzt die Kenntnis und Verwertung des jeweils aktuellen Schrifttums und die Verwendung der dem Forschungsstand entsprechenden Methoden voraus.
  • Dokumentation der eingesetzten Methoden und Ergebnisse: Dabei sind Wiederholbarkeit und Nachvollziehbarkeit wesentlich, was nur bei genauer Dokumentation des Ausgangspunktes, des wissenschaftlichen Vorgehens und der Ergebnisse möglich ist.
  • Ernstnehmen von Zweifeln und die Redlichkeit der Argumentation: Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit sollten nicht als endgültig ausgegeben werden, solange sie nicht auf unabhängigem Wege Bestätigung gefunden haben; jede Interpretation bemisst sich nach den Kriterien der Plausibilität. Bei der wissenschaftlich erwünschten Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen haben sich Forscherinnen und Forscher an die selbstverständlichen Standards einer integren Argumentation zu halten.
  • Deutliche Unterscheidung zwischen Ergebnisdarstellung und Interpretation in Publikationen: Dafür übernehmen die jeweiligen Autorinnen und Autoren eine (Mit-) Verantwortung.

2. Betreuung wissenschaftlichen Nachwuchses

  • Bereits mit Seminar-, Magister- und Diplomarbeiten beginnt das wissenschaftliche Arbeiten. Schon in dieser Zeit gilt es, nicht nur technische Fertigkeiten, sondern auch eine ethische Grundhaltung beim wissenschaftlichen Arbeiten, beim verantwortlichen Umgang mit Ergebnissen und bei der Zusammenarbeit mit anderen Forschenden zu erwerben und zu vermitteln. Dies gilt um so mehr für den wissenschaftlichen Nachwuchs im Examens-, Promotions-, und Postdoc-Stadium.
  • Durch seine Forschungsarbeit gestaltet bereits der Nachwuchs wissenschaftliche Untersuchungen entscheidend mit. Er hat Anspruch auf regelmäßige wissenschaftliche Beratung und Unterstützung durch Betreuende oder Arbeitsgruppenleitende. Sie sind ihrerseits zu verantwortungsvoller Arbeit und Kollegialität verpflichtet. Der jeweilige Anteil der am wissenschaftlichen Gesamtvorhaben Beteiligten muss klar definierbar sein.
  • Die an einem Forschungsvorhaben beteiligten Personen im Examens-, Promotions- und Postdoc-Stadium sind zu regelmäßiger mündlicher, erforderlichenfalls auch schriftlich dokumentierter Berichterstattung über den Fortgang ihrer Forschungsarbeiten sowie gegebenenfalls zur Teilnahme an internen Seminaren verpflichtet.

3. Zusammenarbeit und Leitungsverantwortung in Arbeitsgruppen

In den Forschungsprojekten des IfG.CC arbeiten in der Regel mehrere Personen zusammen. Diese können bei der Fragestellung, ihrer Bearbeitung, der Deutung der Ergebnisse und dem Bericht an die wissenschaftliche Öffentlichkeit in unterschiedlicher Weise beteiligt und dementsprechend mitverantwortlich sein. Für die verantwortliche Gestaltung von Forschung innerhalb solcher Arbeitsgruppen sind über die bereits zum wissenschaftlichen Nachwuchs genannten Punkte (I.2) hinaus folgende Regeln zu empfehlen, was etwaige themenspezifischen Besonderheiten durch entsprechende Modifizierungen nicht ausschließt:

  • Die Leiterinnen oder Leiter von Arbeits-/ Forschergruppen tragen die Verantwortung für eine angemessene Organisation, die sichert, dass die Aufgaben der Leitung, Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen sind und tatsächlich wahrgenommen werden.
  • Arbeitsgruppen sollten eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Sie sollten in der Regel von Promovierten mit Berufserfahrung oder vergleichbar qualifizierten Personen geleitet werden. Die Gruppengröße kann nach Arbeitsgebieten unterschiedlich sein. Die Arbeitsgruppe sollte klar definiert und in ihren Aufgaben strukturiert sein.
  • Aufgaben der Arbeitsgruppenleitung:
    • Festlegung der Arbeitsabläufe und ihre Überwachung
    • Erstellung der Arbeitsprogramme für den wissenschaftlichen Nachwuchs im Examens- und Diplomstadium sowie Anleitung zum wissenschaftlichen Arbeiten,
    • Organisation regelmäßiger Arbeitsbesprechungen mit Berichten der wissenschaftlich Mitarbeitenden sowie des wissenschaftlichen Nachwuchses im Diplom- und Doktorandenstadium,
    • Laufende Verfolgung der Literatur, um Arbeiten anderer Forscher angemessen zu berücksichtigen, wobei diese Aufgabe auch arbeitsteilig in der Gruppe organisiert sein kann,
    • Freigabe von Ergebnissen zur Veröffentlichung, kollegiale und vertrauensvolle Zusammenarbeit und interne Konfliktlösung mit Mitarbeitenden und Vorgesetzten.
    • Verhaltensregeln innerhalb der Arbeitsgruppe

4. Qualitätssicherung und Datendokumentation

Für Untersuchungen mit standardisierten Arbeitsabläufen sollte Qualitätssicherung organisiert sein, wobei Qualitätsmanagement auf verschiedenen Organisationsebenen zu empfehlen ist:

  • Alle wissenschaftlichen Untersuchungen der Arbeitsgruppe sind vollständig zu protokollieren. Die Protokolle haben Dokumentencharakter und sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren.
  • Zur Publikation anstehende Untersuchungen sollten vor der Einreichung grundsätzlich allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe, aber auch Mitgliedern anderer Arbeitsgruppen vorgestellt werden (z. B. bei den regelmäßigen Besprechungen). Dabei sollte detailliert auf die Methodik und Ergebnisse eingegangen werden. Davon haben auch die Autoren und Autorinnen den Gewinn, dass auf diese Weise noch rechtzeitig Kritik an der Methodik oder an den Interpretationen der Ergebnisse in das Manuskript eingearbeitet werden kann. Das Manuskript sollte von Mitgliedern der eigenen Arbeitsgruppe, aber auch anderer Arbeitsgruppen kritisch durchgelesen werden (zur Autorenschaft vgl. nächster Abschnitt).

5. Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen

Zur Bedeutung und Gestaltung wissenschaftlicher Publikationen: Publikationen sind das wichtigste Medium für die Vermittlung von Forschungsergebnissen an die wissenschaftliche und allgemeine Öffentlichkeit. Für die damit eröffnete Verwertung in Wissenschaft und Praxis kommt es vor allem auf die inhaltliche Verlässlichkeit der Ergebnisse und die methodische Korrektheit bei ihrer Gewinnung an. Über diese funktionelle Bedeutung von Publikationen für die Institution von Wissenschaft und Forschung hinaus spielen sie auch in personeller und professioneller Hinsicht eine entscheidende Rolle. So sind sie vor allem wissenschaftlicher Qualitätsausweis. Auch bei Einwerbung von Forschungsmitteln kann die Anzahl oder der Veröffentlichungsort von Publikationen ein entscheidendes Zuteilungskriterium darstellen. In dieser Hinsicht kommt es maßgeblich auf die (Mit-)Autorschaft an einer Veröffentlichung an. Demzufolge können die Kriterien, nach denen man zum Autor bzw. zur Autorin werden kann und wie sie nach Zahl und Rang des Publikationsorgans bewertet werden, Rückwirkungen darauf haben, wie wissenschaftlich Arbeitende ihre Untersuchungen und Publikationen gestalten und autorisieren.

Für die Gestaltung von wissenschaftlichen Publikationen sind grundsätzlich folgende Leitlinien zu beachten:

  • Die Bezeichnung und Bewertung als „Originalarbeit“ kann nur der erstmaligen Mitteilung neuer Ergebnisse einschließlich der Schlussfolgerungen zukommen. Demzufolge ist die mehrfache Publikation derselben Ergebnisse, abgesehen von vorläufigen Kurzmitteilungen in aktuellen Fällen, nur unter Offenlegung der Vorveröffentlichung vertretbar.
  • Wissenschaftliche Untersuchungen müssen nachprüfbar sein. Demzufolge muss ihre Publizierung eine Beschreibung der Methoden und Ergebnisse enthalten.
  • Ergebnisse, die die Hypothese des Autors bzw. der Autorin stützen oder sie in Frage stellen, sind gleichermaßen mitzuteilen.
  • Befunde und Ideen anderer Forschender sind ebenso wie relevante Publikationen anderer Autoren und Autorinnen in gebotener Weise zu zitieren. Kriterien und Mitverantwortung für Mitautorenschaft
  • Sind an einer Forschungsarbeit oder an der Abfassung eines wissenschaftlichen Berichts mehrere beteiligt, so kann als Mitautor bzw. als Mitautorin genannt werden, wer wesentlich zur Fragestellung, zum Forschungsplan, zur Durchführung der Forschungsarbeiten, zur Auswertung oder Deutung der Ergebnisse sowie zum Entwurf oder zur kritischen inhaltlichen Überarbeitung des Manuskripts beigetragen hat. Eine Ehrenautorschaft ist ausgeschlossen.
  • Durch sein Einverständnis mit der Nennung als Mitautor bzw. Mitautorin wird die Mitverantwortung dafür übernommen, dass die mitautorisierte Publikation wissenschaftlichen Standards entspricht. Dies gilt vor allem für den Bereich, für den ein Mitautor bzw. eine Mitautorin einen Beitrag geliefert hat: Insofern ist man sowohl für die Korrektheit des eigenen Beitrags wie auch dafür verantwortlich, dass dieser in wissenschaftlich vertretbarer Weise in die Publikation eingebracht wird.
  • Werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ohne ihr Einverständnis in einer Veröffentlichung als (Mit-)Autoren genannt und sehen sie sich zu einer nachträglichen Genehmigung außerstande, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie sich gegen ihre Aufnahme in den Autorenkreis bei den Erst- oder Letztautoren (als den im Regelfall Hauptverantwortlichen) und/oder bei der betreffenden Zeitschrift in ausdrücklicher Form verwahren. Unterlassen sie eine solche Distanzierung, so gilt dies als nachträgliche Genehmigung ihrer Aufnahme in den Autorenkreis mit entsprechender Mitverantwortung für die Veröffentlichung.

6. Leistungs- und Bewertungskriterien

Originalität und Qualität haben als Leistungs- und Bewertungskriterium für Prüfungen, für die Verleihung akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und Mittelzuweisungen stets Vorrang vor Quantität. Bei Bewerbungen soll eine kritische Bewertung der Publikationspraxis erfolgen.

7. Ausbildung und Beratung, Vertrauensperson

Im IfG.CC ist sicherzustellen, dass die Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis fester Bestandteil der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sind. Vom Vorstand wird eine unabhängige Vertrauensperson (Ombudsmann) und ein Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin bestellt, an die sich alle Angehörigen des Institutes wenden können, um in einem Konfliktfall vermitteln oder sich über die für eine gute wissenschaftliche Praxis zu beachtenden Regeln beraten zu lassen.

Teil II: Regeln für den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten

1. Wissenschaftliches Fehlverhalten

Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem aus der wissenschaftlichen Tätigkeit resultierendem Zusammenhang bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder sonst in irgendeiner Form deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird. Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalles.

Ein solches Fehlverhalten kommt insbesondere in Betracht bei:

  • Falschangaben
    • Erfinden von Daten;
    • Verfälschen von Daten und Quellen, z.B. durch Unterdrücken von relevanten Quellen, Belegen oder Texten, durch Auswählen und Zurückweisen unerwünschter Ergebnisse, ohne dies offen zulegen, durch Manipulation von Quellen, Darstellungen oder Abbildungen;
    • unrichtige Angaben in einem Bewerbungsschreiben oder einem Förderantrag (einschließlich Falschangaben zum Publikationsorgan und zu in Druck befindlichen Veröffentlichungen);
    • unrichtige Angaben zur wissenschaftlichen Leistung von Bewerbern und Bewerberinnen in Auswahlkommissionen.
  • Verletzung geistigen Eigentums in Bezug auf ein von einem anderen geschaffenes urheberrechtlich geschütztes Werk oder von anderen stammenden wesentlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze durch:
    • unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft (Plagiat);
    • unbefugte Nutzung von Forschungsansätzen und Ideen, insbesondere als Gutachtende;
    • Anmaßung oder unbegründete Annahme wissenschaftlicher Autor- oder Mitautorschaft;
    • Verfälschung des Inhalts;
    • unbefugtes Veröffentlichen oder unbefugtes Zugänglichmachen gegenüber Dritten von Werken, Erkenntnissen, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätzen.
  • Inanspruchnahme der (Mit)Autorschaft einer anderen Person ohne deren Einverständnis.
  • Sabotage von Forschungstätigkeit (einschließlich Beschädigen, Zerstören oder Manipulieren Unterlagen, Hardware, Software oder sonstiger Sachen, die ein anderer benötigt, durch arglistiges Verstellen oder Entwenden von Büchern und Datensätzen, durch vorsätzliche Unbrauchbarmachung von wissenschaftlich relevanten Informationsträgern, wie Büchern, Dokumenten oder sonstigen Daten).
  • Beseitigung von Primärdaten, soweit damit gegen gesetzliche Bestimmungen oder fachspezifisch anerkannte Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit verstoßen wird. Eine Mitverantwortung für Fehlverhalten kann sich unter anderem ergeben aus
  • aktiver Beteiligung am Fehlverhalten anderer,
  • grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht.

2. Verfahren beim Verdacht von wissenschaftlichem Fehlverhalten

2.1 Beteiligung der Vertrauensperson

  • Haben Institutsangehörige das Bedürfnis, sich über einen Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens auszusprechen oder diesbezüglich beraten zu lassen, so können sie die vom Vorstand bestellte Vertrauensperson anrufen. Dieses Recht steht auch denjenigen zu, die sich dem Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens ausgesetzt sehen.
  • Die Vertrauensperson hat zu prüfen, ob und inwieweit die Verdachtsmomente plausibel erscheinen und ein Fehlverhalten begründen könnten, sowie Ratsuchende über ihre Rechte zu beraten. Dabei ist Vertraulichkeit zu wahren, soweit die Verdachtsmomente nicht bereits über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus bekannt sind oder einverständlich weitere Personen in das Vertrauen einbezogen werden.
  • Ohne die Zustimmung von Ratsuchenden darf die Vertrauensperson das ihr Anvertraute nur dann und insoweit weitergeben, als es sich um den begründeten Verdacht eines derart schwerwiegenden wissenschaftlichen Fehlverhaltens handelt, dass bei dessen nicht weiterer Verfolgung schwerster Schaden für das Institut, deren Mitglieder oder für Dritte zu befürchten wäre. In diesem Falle informiert die Vertrauensperson den Vorstand, der das vorgesehene Verfahren einzuleiten hat.

2.2 Vorprüfung

  • Auch ohne vorherige Anrufung der Vertrauensperson kann bei konkreten Verdachtsmomenten für wissenschaftliches Fehlverhalten ein Verfahren in Gang gesetzt werden. Dazu ist der zuständige Arbeitsgruppenleiter bzw. im Falle eigener Betroffenheit der Stellvertreter zu informieren. Die Verdachtsanzeige soll schriftlich erfolgen; bei mündlicher Information ist ein schriftlicher Vermerk über den Verdacht und die ihn begründenden Belege aufzunehmen. Bereits in dieser Phase des Verfahrens ist darauf zu achten, dass es den Betroffenen auch zur Entlastung von vorgeworfenem Fehlverhalten dienen kann.
  • Den vom Verdacht des Fehlverhaltens Betroffenen wird vom Vorstand unter Nennung der belastenden Tatsachen oder Beweismittel Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Frist hierfür beträgt in der Regel zwei Wochen. Der Name von informierenden Personen wird ohne deren Einverständnis in dieser Phase den Betroffenen nicht offenbart. Dies schließt eine einverständliche Gegenüberstellung nicht aus.
  • Nach Eingang der Stellungnahme der Betroffenen bzw. nach Verstreichen der ihnen gesetzten Frist trifft der Vorstand innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Entscheidung darüber, ob das Vorprüfungsverfahren – unter Mitteilung der Gründe an die Betroffenen und die informierenden Personen – zu beenden ist, weil sich der Verdacht nicht hinreichend bestätigt bzw. ein vermeintliches Fehlverhalten vollständig aufgeklärt hat, oder ob zur weiteren Aufklärung oder Entscheidung die Überleitung in das förmliche Untersuchungsverfahren zu erfolgen hat.
  • Sind informierende Personen mit der Einstellung des Vorprüfungsverfahrens nicht einverstanden, so können sie ihre Einwände innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder mündlich gegenüber den am Vorprüfungsverfahren Beteiligten vortragen, die dann ihrerseits noch einmal gemäß Absatz (3) zu beraten und zu entscheiden haben. Kommt es zu keiner Einigung mit den informierenden Personen, so ist die Sache dem/der Vorsitzenden des zu bildenden Untersuchungsausschusses zur Entscheidung vorzulegen.

2.3 Förmliche Untersuchung

  • Der Untersuchungsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden und einem Stellvertreter und einem Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates sowie des Vorstands. Der Vorsitzende sowie der Stellvertreter, die beide nicht dem IfG.CC angehören sollen, sind für eine Amtszeit von drei Jahren gewählt.
  • Der Untersuchungsausschuss kann im Einzelfall Fachgutachter aus dem Gebiet des zu beurteilenden wissenschaftlichen Sachverhaltes sowie Experten für den Umgang mit solchen Fällen als weitere Mitglieder mit beratender Stimme hinzuziehen.
  • Die Befangenheit eines Mitgliedes des Untersuchungsausschusses kann jederzeit durch diesen selbst, durch den Betroffenen oder sonstige Beteiligte geltend gemacht werden. Bei Befangenheit erfolgt der Ausschluss aus dem Verfahren; hierüber beschließt der Untersuchungsausschuss.
  • Der Untersuchungsausschuss berät in nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung. Er veranlasst in Absprache mit dem Vorstand weitere Untersuchungen und prüft in freier Beweiswürdigung, ob wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt. Die veranlassten Untersuchungen und Verfahrensschritte, die ermittelten Tatsachen, Erkenntnisse und Ergebnisse sind dem Betroffenen offen zu legen, er kann jederzeit in alle Unterlagen Einsicht nehmen und Auskunft verlangen. Dem Betroffenen ist in jeder Phase des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, er kann eine Person seines Vertrauens als Beistand hinzuziehen. Die Anhörung weiterer Personen ist zulässig.
  • Alle Beteiligten sind zur vertraulichen Behandlung der Unterlagen des Ausschusses und der Erkenntnisse aus dem Verfahren verpflichtet.
  • Der Untersuchungsausschuss soll seine Untersuchungen innerhalb von zwei Wochen durchführen und abschließen. Die einzelnen Verfahrensschritte sind zu protokollieren und zu dokumentieren.
  • Hält der Untersuchungsausschuss ein Fehlverhalten für nicht erwiesen, stellt er seine Tätigkeit ein und informiert die Beteiligten.
  • Hält der Untersuchungsausschuss ein Fehlverhalten für erwiesen, legt er das Ergebnis seiner Untersuchungen dem Vorstand bzw. dem Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirates vor.

3. Mögliche Entscheidungen und Sanktionen bei wissenschaftlichem Fehlverhalten

Wird von der Kommission wissenschaftliches Fehlverhalten förmlich festgestellt, so können insbesondere folgende Maßnahmen ergriffen werden:

Arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie insbesondere

  • Abmahnung
  • außerordentliche Kündigung (einschließlich Verdachtskündigung)
  • ordentliche Kündigung
  • Vertragsauflösung.

Zivilrechtliche Konsequenzen, wie insbesondere

  • Erteilung eines Hausverbots
  • Herausgabeansprüche gegen die Betroffenen, wie etwa im Hinblick auf entwendetes wissenschaftliches Material
  • Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Patentrecht und Wettbewerbsrecht
  • Rückforderungsansprüche (etwa von Stipendien, Drittmitteln oder dergleichen)
  • Schadensersatzansprüche des Instituts oder von Dritten bei Personenschäden, Sachschäden oder dergleichen.

Außeruniversitäre wissenschaftliche Einrichtungen und Vereinigungen:

Solche Institutionen sind über ein wissenschaftliches Fehlverhalten jedenfalls dann zu informieren, wenn sie davon unmittelbar berührt sind.

  • Rückziehung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen

    Besteht das wissenschaftliche Fehlverhalten in Falschangaben oder in einer Verletzung geistigen Eigentums, so ist der betroffene Autor oder die betroffene Autorin zu einem entsprechenden Widerruf verpflichtet. Soweit die betroffenen Arbeiten noch unveröffentlicht sind, sind sie rechtzeitig zurückzuziehen; wenn sie bereits veröffentlicht sind, sind sie – jedenfalls hinsichtlich der betroffenen Teile – zu widerrufen. Der oder die Betroffene ist verpflichtet, bei Mitautoren und Mitautorinnen, auch soweit diese selbst kein Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens trifft, auf das Einverständnis in einen Widerruf hinzuwirken.

    Der oder die für die fälschungsbehaftete Veröffentlichung (mit)verantwortliche(n) (Mit)Autor(en) hat (haben) innerhalb einer festzulegenden Frist dem oder der Vorsitzenden der Untersuchungsausschusses Bericht zu erstatten über die auf Rückziehung hin unternommenen Maßnahmen und deren Erfolg. Erforderlichenfalls hat der bzw. die Vorsitzende seinerseits oder ihrerseits geeignete Maßnahmen zum Widerruf der betroffenen Veröffentlichungen zu ergreifen. Veröffentlichungen, die von einer zuständigen Kommission als fälschungsbehaftet festgestellt wurden, sind aus der Veröffentlichungsliste des betreffenden Autors oder der betreffenden Autorin zu streichen oder entsprechend zu kennzeichnen.

Strafrechtliche Konsequenzen

Solche kommen in Betracht, wenn der Verdacht besteht, dass wissenschaftliches Fehlverhalten zugleich einen Tatbestand des Strafgesetzbuchs (StGB) bzw. sonstiger Strafnormen oder Ordnungswidrigkeiten erfüllt, wie insbesondere bei

  • Urheberrechtsverletzung
  • Urkundenfälschung (einschließlich Fälschung technischer Aufzeichnungen)
  • Sachbeschädigung (einschließlich Datenveränderung)
  • Eigentums- und Vermögensdelikten (wie im Falle von Entwendungen, Erschleichung von Fördermitteln oder Veruntreuung)
  • Verletzungen des persönlichen Lebens- oder Geheimnisbereichs (wie etwa durch Ausspähen von Daten oder Verwertung fremder Geheimnisse).

Ob und inwieweit in einem solchen Fall von Seiten des IfG.CC Strafanzeige zu erstatten ist, bleibt dem pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands vorbehalten.

Information schutzbedürftiger Dritter und/oder der Öffentlichkeit

Soweit es zum Schutze Dritter, zur Wahrung des Vertrauens in die wissenschaftliche Redlichkeit, zur Wiederherstellung ihres wissenschaftlichen Rufes, zur Verhinderung von Folgeschäden oder sonst wie im allgemeinen öffentlichen Interesse veranlasst erscheint, sind betroffene Dritte und/oder die Presse in angemessener Weise über das Ergebnis des Untersuchungsverfahrens zu unterrichten.

Betreuung von Mitbetroffenen

Am Ende eines förmlichen Untersuchungsverfahrens ist dafür Sorge zu tragen, dass Personen, die unverschuldet in Vorgänge wissenschaftlichen Fehlverhaltens verwickelt wurden, im Hinblick auf ihre persönliche und wissenschaftliche Integrität keinen weiteren Schaden erleiden.

Dazu können folgende Maßnahmen veranlasst sein:

  • Beratung durch die Vertrauensperson
  • Schriftliche Erklärung des/der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, dass dem/der Betroffenen kein wissenschaftliches Fehlverhalten anzulasten ist.

In entsprechender Weise sind auch informierende Personen, sofern sich ihre Verdächtigung nicht als offensichtlich haltlos herausstellt, vor Benachteiligungen zu schützen.

Inkrafttreten

Die „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis am IfG.CC und Verfahren zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten“ treten mit der institutsinternen Bekanntgabe in Kraft. Diese Regeln und spätere Änderungen sind durch den Vorstand der Geschäftsstelle der DFG mitzuteilen.

Potsdam, den 31.01.2006

Quellen:

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft: Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, WILEY-VCH 1998 - Hochschulrektorenkonferenz (HRK): Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen, Empfehlung des 185. Plenums vom 6. Juli 1998
  • „Selbstkontrolle in der Wissenschaft - Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Universität Potsdam“ vom 14. Februar 2002, Beschluss des Senats der Universität Potsdam.

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