Die Abteilung Produktionsmanagement entwickelte im Rahmen des Forschungsprojekts e-Voting.at ein neuartiges Verfahren, das es erstmals ermöglicht rechtsgültige und sichere Wahlen über das Internet abzuwickeln. Das Internet wird bereits massiv für Geschäftstransaktionen genutzt, wobei verstärkt auch der öffentliche Sektor als Anwender auftritt. Dies konzentriert sich heute auf Anwendungen im E-Government, i.e. die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen im Bereich der öffentlichen Verwaltung, vom einfachen Formulardownload 1 bis zum Beschaffungssystem. Für die Legislative und den dazugehörigen demokratischen Willensbildungsprozess (E -Democracy) existieren kaum Applikationen. E-Voting stellt eine Kernanwendung von E-Democracy dar, nämlich die Abwicklung von Wahlen über das Internet.
Der Wunsch das Internet, auch für das Basiselement der Demokratie die Wahl zu verwenden, entspringt dem weltweiten Trend der sinkenden Beteiligung an Wahlen. Auch wenn Österreich traditionell ein Land mit hoher Wahlbeteiligung ist, so macht diese Entwicklung auch nicht an den Landesgrenzen halt. Einer der Versuche, dieser Tendenz Einhalt zu gebieten, sind die Einführung von Formen der Distanzwahl (dazu gehören (1) die Briefwahl und (2) e-Voting).
Während die Briefwahl bereits für Auslandsösterreicher bei der Nationalratswahl möglich ist, gibt es für e-Voting noch keine gesetzlichen Bestimmungen bei Wahlen zu öffentlichen Vertretungskörpern (mit Ausnahme von ÖH-Wahlen). Das geht vor allem darauf zurück, dass alle bisher bekannten Versuche an der Lösung des Grundproblems gescheitert sind. Dieses ergibt sich aus der österreichischen Bundesverfassung mit den Wahlrechtsgrundsätzen (BVG Art. 26).
Das zu lösende Problem lautet wie folgt: Wie kann sichergestellt werden, dass die Wahladministration jederzeit feststellen kann, WER (bereits) gewählt hat, aber zugleich verhindert werden, dass sie Kenntnis davon bekommt, WAS der Wähler gewählt hat ?
Während dieses Problem bei der herkömmlichen Präsenzwahl durch organisatorische Vorkehrungen vor Ort gelöst werden kann, muss eine elektronische Variante der Distanzwahl verhindern können, dass diese zwei Informationen (Wahlberechtigung und ausgefüllter Stimmzettel) verknüpft werden. Daher lässt sich der Prozess in Analogie zum Grundproblem in 2 Phasen gliedern:
- in eine Registrierungsphase, während der sich der Wähler eindeutig identifiziert
- und in eine Abstimmungsphase, bei der der Wähler anonym den Stimmzettel in die Urne einwirft.
Im Rahmen des Jubliäumsfonds der Stadt Wien für die Wirtschaftsuniversität wurde mit der Umsetzung des Moduls I (Registrierung und Wählerevidenz) in Form eines eigenständigen und voll funktionsfähigen Prototypen begonnen. Diesen kann man ohne Modifikationen für ein elektronisches Volksbegehren oder andere einfache Umfragen unmittelbar verwenden. Für die Entwicklung kommt dabei erstmals die für die Bürgerkarte geschaffene Infrastruktur (das Datakom TrustCenter, das Zentrale Melderegister und der Security Layer des Chief Information Office des BMÖLS) zur Verwendung. Der Prototyp ist dadurch bereits in eine reale Systemumgebung eingebunden und das mit einem im Vergleich zu anderen e-Voting-Projekten geringen Kosten (so wendet die Schweiz für ihr e-Voting Projekt über 6 Millionen Schweizer Franken auf).
Weitere Informationen über das Projekt: E-Voting.at
