Die irische Regierung hatte im Jahre 2002 die landesweite Einführung von Wahlcomputern des niederländischen Herstellers Nedap zu den Europawahlen im Juni 2004 vorbereitet, die dann für rund 52 Millionen Euro auch angeschafft wurden, aufgrund von Bürgerprotesten jedoch noch nie zum Einsatz kamen. Seit Anfang 2003 beantragte ein Bürger in mehreren Eingaben Einsicht in die Prüf- und Genehmigungsunterlagen, die ihm vom für die Wahlorganisation zuständigen Ministerium für Umwelt, Denkmalsschutz und kommunale Angelegenheiten jedoch nur teilweise gewährt wurde. Detailliertere Informationen wie beispielsweise die technischen Anforderungen an die Zuverlässigkeit und die Hard- und Software-Spezifikation der Nedap-Geräte blieben von der Akteneinsicht ausgenommen. Im April 2003 wandte sich der Betroffene daraufhin an die Beauftragte für Informationsfreiheit. In der jetzt öffentlich gemachten Entscheidung von Mitte Februar stellt Information Officer Emily O'Reilly nach fast vierjähriger Prüfung des Falles nun fest, die Informationszurückhaltung des Ministeriums sei nicht zu beanstanden.
Ähnlich wie im deutschen Informationsfreiheitsgesetz kann in Irland ein Auskunftsbegehren abgelehnt werden, wenn es sich auf Geschäftsgeheimnisse und vertraulich überlassene Informationen erstreckt. So hatte das Ministerium die Ablehnung auch begründet. O'Reilly stützte ihre Entscheidung jedoch nicht auf diese beiden Ausnahmeklauseln, sondern bemühte eine andere Einschränkung, die das Gesetz vorsieht und die keine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und möglicherweise berührten Geschäftsinteressen erfordert: Nach dem irischen Freedom of Information Act kann die Auskunftserteilung auch verweigert werden, wenn der Zugang zur begehrten Information das Begehen einer Straftat erleichtern könnte – und seit einer Wahlrechtsänderung im Jahre 2004 sind das Hacking und sogar schon das unautorisierte Öffnen von Wahlgeräten ein Straftatbestand.
Unter diesen Umständen habe sie die Frage, inwieweit der gewünschte Informationszugang die Rechte Dritter auf Wahrung der Vertraulichkeit und von Geschäftsgeheimnissen tangiert, nicht mehr prüfen müssen, meinte O'Reilly. Zugleich stellte sie jedoch in der Begründung klar, dass sie auch in diesem Fall zu der Feststellung gelangt wäre, "dass das öffentliche Interesse, insbesondere das am Schutz der Sicherheit des Systems selbst, keine Freigabe der Dokumente rechtfertigen würde". Auch der Umstand, dass ein Teil der gewünschten Informationen bereits auf anderen Wegen an die Öffentlichkeit gelangt und im Internet verfügbar sei – so unter anderem das Reverse Engineering beim Nedap-Hack in den Niederlanden – könne zu keiner anderen Bewertung führen. Schon "die Freigabe jedweder Information in den Unterlagen, welche die Vollständigkeit und/oder Genauigkeit der bereits veröffentlichten Informationen bestätigen könnte, würde eine Manipulation der Maschinen und der entsprechenden Software einfacher machen ... und auf diese Weise das Begehen einer Straftat erleichtern".
In Deutschland ist hinsichtlich der hierzulande eingesetzten Nedap-Wahlgeräte mit Unterstützung des Heise-Verlags in ähnlicher Weise eine Auskunftsklage nach dem Informationsfreiheitsgesetz beim Verwaltungsgericht Braunschweig anhängig (Az: 5 A 188/06). Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hatte die Einsicht in die technischen Prüfunterlagen, welche die Grundlage für die Bauartzulassung durch das Bundesinnenministerium bilden, unter Hinweis auf die Urheberrechte des Herstellers an den Dokumenten abgelehnt. Eine Entscheidung ist bisher nicht ergangen.
Zum Thema E-Voting und elektronische Wahlmaschinen siehe auch:
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Autor(en)/Author(s): (Richard Sietmann) / (jk/c't)
Quelle/Source: Heise online, 30.03.2007