Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) will die vom Chaos Computer Club und der niederländischen Initiative "Wir vertrauen Wahlcomputern nicht" demonstrierte Methode zur Manipulation von Wahlgeräten des niederländischen Herstellers Nedap in ihren eigenen Untersuchungen künftig berücksichtigen. Eine generelle Absage an Wahlcomputer wird es seitens der PTB jedoch nicht geben: "Es gibt in Deutschland bisher keine Hinweise für eine Manipulation von eingesetzten Wahlgeräten", heißt es in einer Pressemitteilung.
Ähnliche Geräte der Firma Nedap werden in der PTB geprüft und vom Bundesministerium des Innern für Bundeswahlen zugelassen. "Bei den in Deutschland eingesetzten Geräten handelt es sich allerdings um einen anderen Typ, als der dem Bericht zu Grunde liegt. Außerdem muss betont werden, dass anhand der jetzt aufgezeigten Fakten nicht auf mögliche Fälschungen bisheriger Wahlen in Deutschland geschlossen werden kann - hierfür gibt es keine Anhaltspunkte und gegen diese Möglichkeit sprechen weitere Sicherheitsmaßnahmen", ist in der PTB-Mitteilung zu lesen.
So seien der Berichtsteil über die Abstrahlungsmessung und die Schlussfolgerung daraus nicht auf die in Deutschland eingesetzten Geräte übertragbar, da diese einen im Vergleich zur Beschreibung im Bericht anderen mechanischen Aufbau mit insbesondere erhöhtem Schutz gegen Ab- und Einstrahlungen haben. Ob die beschriebenen Manipulationen - das Aufschrauben des Gehäuses und der Austausch eines EPROMs - in Deutschland im Realfall unbemerkt bleiben könnten, ist laut PTB noch zu klären. "Dass EPROMs austauschbar sind - auch grundsätzlich durch manipulierte EPROMs - ist nicht überraschend", erklärt die PTB. Bei der Aufstellung des Paketes von Sicherungsmaßnahmen sei dies für Deutschland bedacht worden.
"Bei einem tatsächlichen Angriff wäre eine gehörige Portion krimineller Energie in Verbindung mit speziellen Fähigkeiten der durchführenden Personen erforderlich, um unbemerkt die Steuerungssoftware der Geräte zu verändern", so die PTB. Die in Deutschland festgelegten Sicherungsmaßnahmen für Bundestags- und Europawahlen würden zudem Kontrollen und Überprüfungen bei der Vorbereitung der Geräte zur Wahl und unmittelbar vor Öffnung der Wahllokale erfordern. Auch während der Wahl sei eine ständige Kontrolle und die Möglichkeit zum Test der elektronischen Wahlsysteme vorgeschrieben. Vor jeder Wahl müsse zudem eine gesonderte, jederzeit widerrufbare Verwendungsgenehmigung durch das Bundesinnenministerium (BMI) ausgesprochen werden.
Dem CCC-Aufruf zum Verbot von Wahlcomputern will die PTB nicht folgen: "Es gibt in Deutschland bisher keine Hinweise für eine Manipulation von eingesetzten Wahlgeräten. Dennoch sind PTB, BSI, BMI und andere bereits seit einiger Zeit im Gespräch über weitere Maßnahmen, um jede Möglichkeit auszuschließen, dass es zu Abweichungen zwischen den bei der PTB geprüften Baumustern und den in der Praxis eingesetzten Wahlgeräten kommt. Man wird dabei auch den Bericht und ggf. weitere Hintergrundinformationen berücksichtigen", betont Prof. Dr. Dieter Richter, Fachbereichsleiter "Metrologische Informationstechnik" bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB).
Autor(en)/Author(s): (ck)
Quelle/Source: Golem, 10.10.2006