Gesundheitskarte, Jobcard, digitaler Personalausweis: In dieser Reihenfolge werden die Bundesbürger in den kommenden Jahren Chipkarten in ihr Portemonnaie einsortieren. Technisch wäre es durchaus machbar, alles auf einer Karte unterzubringen. Doch die Anforderungen sind so unterschiedlich wie der Zweck der Nutzung. Zumindest wird dadurch der digitalen Signatur zum Durchbruch verholfen. Die Bundesregierung werde in Kürze eine E-Card-Initiative beschließen, mit der Geschäfte im Internet erleichtert werden sollen, hat Gerhard Schröder auf der CeBIT angekündigt. Zudem solle das E-Government ausgebaut werden. "Und wir wollen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland an der digitalen Zukunft teilhaben können", so Schröder im O-Ton. Die Gesundheitskarte biete dazu erstklassige Möglichkeiten, glaubt der Kanzler.
"Über die Karte wird eine elektronische Signaturfunktion ablauffähig sein", so Bruno Struif, Bereichsleiter im Fraunhofer-Institut für sichere Telekooperation (SIT). Die Gesundheitskarte habe für ordentlichen Aufwind bei der digitalen Signatur gesorgt. Mehrere Fraunhofer-Institute sind an dem Projekt 'Elektronische Gesundheitskarte' beteiligt. Doch ob tatsächlich zum Stichtag 1.1.2006 jeder Versicherte eine Karte haben wird, zweifelt Struif an: "Es geht nicht nur um die Karte, sondern alle Prozesse um das gesamte Verfahren herum müssen gestaltet und Software entwickelt werden." Struif geht daher eher von einer phasenweisen Einführung der Gesundheitskarte aus, als von einer Stichtagsumstellung.
Ein Jahr später, zum 1.1.2007 soll die Jobcard kommen. "Der Name Jobcard ist irreführend", kritisiert Helmut Reimer, Geschäftsführer von Teletrust, dem Verein zur Förderung der Vertrauenswürdigkeit von Informations- und Kommunikationstechnik. Unter Jobcard verstehe man eine Anwendung im Bereich E-Government, die zu Bürokratieabbau zwischen Unternehmen, öffentlicher Verwaltung und Bürgern führen soll. "Über das Jobcard-Verfahren sollen elektronisch Sozialleistungen beantragt und Arbeitsbescheinigungen versandt werden", so Reimer.
Die rund 2,8 Millionen Arbeitgeber in der Bundesrepublik verschicken jährlich etwa 60 Millionen Bescheinigungen in Papierform an Behörden (Sozialversicherung), Ämter, Kommune. Das alles soll künftig elektronisch abgewickelt werden und so 100.000 Arbeitstage pro Jahr eingespart werden, die bislang für die Ausstellung der Papierbescheinigungen nötig sind. Die rein rechnerische Entlastung der öffentlichen Hand beträgt 500 Millionen Euro pro Jahr. "Um elektronisch Bescheinigungen verschicken zu können, ist es notwendig, die Autorisierung des betroffenen Arbeitnehmers einzuholen", so Helmut Reimer. Erreicht würde dies über eine Signaturkarte, anhand welcher der Betroffene elektronisch unterschreiben können.
Seit September 2003 wird in den Arbeitsämtern Helmstedt, Bamberg und Offenbach das Verfahren getestet. Auf der Arbeitgeberseite gehören Volkswagen, Lufthansa und Datev als Rechenzentrum für viele Mittelständler zu den Pilotanwendern, von denen 50 komplexe Testszenarien mit 1500 Testfällen fiktiver Arbeitnehmer durchgespielt werden. Jochen Puth-Weissenfels, Leiter des Referats Bürokratieabbau im Bundeswirtschaftsministerium und zuständig für das Jobcard-Verfahren, war jedoch nicht bereit, über die bisherigen Ergebnisse und den Projekt-Stand Auskunft zu geben. Bleibt die Frage: Ist es notwendig, drei und in Zukunft vielleicht mehr Karten einzuführen?
"Aus technischer Sicht ist jede Karte für sich in der Lage, mehrere Anwendungen auszuführen", so der Fraunhofer-Mann Struif. Jedoch seien Laufzeiten und rechtliche Rahmenbedingungen für die Anwendungen unterschiedlich. Deshalb könne man nur solche kombinieren, die auch zusammen passen, begründet er.
"Auf der Gesundheitskarte werden sehr sensible Daten gespeichert, an die andere nicht herankommen sollen", so Helmut Reimer von Teletrust. Nach der Gesundheitskarte komme das Jobcard-Verfahren, das in Verbindung mit einer entsprechenden Signaturkarte eingeführt werden soll. Anschließend soll der neue Personalausweis kommen. Auf ihm werden biometrische Merkmale des Besitzers elektronisch gespeichert sein, die eine sichere Authentisierung zuverlässiger ermöglichen sollen.
Darüber hinaus geht es um ein hohes Maß an Fälschungssicherheit. An eine elektronische Signierfunktion ist bei diesem digitalen Ausweis nicht gedacht. "Im Moment sind die Anwendungsfelder von Gesundheitskarte, Jobcard und neuem Personalausweis noch nicht genau bestimmt. Möglicherweise wird sich jeder Bürger eine Signaturkarte anschaffen müssen, um zukünftig irgendwelche Leistungen bei Behörden beantragen zu können", blickt der Teletrust-Geschäftsführer in die nahe Zukunft.
"Bankkarten eignen sich bestens für das Jobcard-Verfahren", meint Hermann Josef Lamberti, Vorstandmitglied der Deutschen Bank und Gründungsmitglied des Bündnisses für elektronische Signaturen, das Staat und Wirtschaft gebildet haben. Mit der im Oktober 2003 eingeführten Signaturkarte der Deutschen Bank etwa könnten sich die Bürger gegenüber Behörden ausweisen und so neben Bankanwendungen auch das neue Jobcard-Verfahren in Gang setzen. Noch führt die Karte der Bank jedoch ein Schattendasein. "Bestellungen in großer Zahl erwarten wir erst, wenn auch Anwendungen in großer Zahl zur Verfügung stehen", so Lamberti. Das Jobcard-Verfahren könnte seiner Meinung nach ein Anfang sein.
Quelle: silicon.de, 06.04.2004