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Einfacher Abdruck untauglich für Datenbankabgleich | Unakzeptabel hohe Fehlerraten | Nur System mit zehn aufgerollten Fingerabdrücken funktioniert, sagt Innenministerium Die Empfehlung der EU-Kommission an den EU-Ministerrat, nur ein elektronisches Foto in Europas Pässe verpflichtend aufzunehmen, während die Integration von Fingerabdrücken nicht verpflichtend werden soll, hat einen einfachen, praktischen Grund.

Zwei Finger flach aufgelegt und elektronisch eingescannt taugten nur zum "Eins zu eins"-Vergleich von Fingerabdrücken, sagte Heinrich Pawlicek, Leiter des Passamts im österreichischen Innenministerium, zur futurezone. Das haben auch die praktischen Erfahrungen mit dem "US-VISIT"-Programm in den USA der letzten Monate gezeigt.

Das heißt: Ein auf dem Chip im Reisepass gespeichertes Fingerabdruck-Bild kann bei der Einreise zwar problemlos zur eindeutigen Identifizierung verwendet werden, ein Datenbankabgleich führt aber unweigerlich zu unakzeptabel hohen Fehlerraten.

Diese Methode, genannt "one to one" kann entweder durch Augenabgleich der Abdrücke praktiziert werden - der Beamte vergleicht beide auf einem Bildschirm quasi manuell.

Zwei Fingerabdrücke und ein Foto

Die Fehlerrate des Systems

Im anderen Fall werden beide Abdrücke nach irgendeiner der zahlreichen Methoden eingelesen, individuelle Merkmale vom Verlauf der Abdruckslinien werden dabei herausgenommen und in eine Zahlenreihe umgewandelt.

Diese auch "Hashes" oder "Prüfsummen" genannten Zahlenreihen lassen sich zwar einfach elektronisch abgleichen, doch auch hier wiederum nur "one to one".

Ein automatischer Abgleich mit einer Fingerabdruck-Datenbank ist zwar möglich, doch sobald eine gewisse Anzahl von Datensätzen im Spiel ist, wird die Fehlerrate des Systems deutlich sichtbar. Wie hoch sie genau ist, darüber kursieren divergierende Zahlen, die Fehler bei Zuordnungen ["false positives"] zu Personen liegen bei bis zu einem Prozent.

Seit 5. Jänner werden Visumpflichtigen [etwa österreichischen Gaststudenten] bei Einreise in die USA "Fingerabdrücke light" abgenommen und auf Dauer gespeichert.

"Flach aufgelegt"

Bei jedem Abgleich eines "flach aufgelegten" Fingerabdrucks etwa mit den 50 Millionen Fingerabdruck-Datensätzen in der IAFIS-Datenbank des FBI beträgt die Chance also etwas weniger als eins zu hundert, dass einem unbescholtenen Bürger ein krimineller Hintergrund zugeordnet wird.

Biometrie-Deadline für Europas Pässe

Wie ein "richtiges System" funktioniert Auch wenn die Fehlerrate auf die Promillegrenze gedrückt werden kann, so wären das bei 230 Millionen Ein- und Ausreisebewegungen [offizielle Zahlen von 2002] pro Jahr 230.000 Menschen, die ausschließlich wegen eines Systemfehlers in den USA erkennungsdienstlich behandelt und anschließend einem Verhör unterzogen werden.

"Ein richtiges Fingerabdrucksystem wie das unserer Kriminalpolizei oder EURO DAC funktioniert mit zehn Fingern, die aufgerollt werden", sagt Pawlicek, "nur so ist zweifelsfreie Identifikation möglich."

Da eine Integration von zehn Fingerprints in Bildform auf einem Chip im Reisepass technisch nicht durchführbar sei und es keinen internationalen Standard für Einleseverfahren gebe, neige man in der EU-Kommission eben zur Ansicht, dass ein "Fingerprint light"-System nicht EU-weit empfohlen werden könne.

Ein elektronisches Bild entspreche den Normen der ICAO [International Civil Airlines Organisation] ebenso, ließe sich leichter umsetzen "und kostet den Staat auch weniger", so Pawlicek abschließend.

Der Vorschlag der Kommission bedeutet kein Ende der Debatte, da sich unter anderen der deutsche Innenminister Otto Schily [SPD] erneut für die Aufnahme zusätzlicher biometrischer Merkmale ausgesprochen hat. Im Mai wird EU-Kommissar Antonio Vitorino mit Vertretern der Bush-Regierung zusammentreffen, um das weitere Vorgehen zu diskutieren.

Schilys Forderungen nach "härterem Vorgehen"

Quelle: futureZone, 26.02.2004

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