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Die Gesichtskontrolle ist streng. Wer unrasiert ist oder die Frisur nicht trägt wie gewohnt, hat unter Umständen Pech gehabt - das Drehkreuz bleibt geschlossen. Seit einem Jahr kontrolliert im schwäbischen Atomkraftwerk Gundremmingen ein Computer den Zugang zum Kontrollbereich über so genannte biometrische Merkmale des Gesichts. Bei dem Pilotprojekt ist ein System im Einsatz, das künftig sensible Bereiche etwa an Flughäfen, in Gefängnissen, Forschungseinrichtungen oder Kliniken schützen soll. Auch an anderen Stellen sind derartige Anlagen bereits installiert. Insgesamt werden in Gundremmingen rund 1600 Merkmale im Gesicht der Mitarbeiter verglichen, nur wenn 400 mit dem gespeicherten Bild übereinstimmen, öffnet sich die Tür. Der elektronische Türsteher prüft auch, ob jeder Mitarbeiter sein Dosimeter bei sich hat, das die individuelle Strahlenbelastung misst. "Das ist der Vorteil: Der Computer vergisst nichts, und der Computer wird nicht müde", erläutert der Strahlenschutzbeauftragte des Unternehmens, Manfried Lasch.

Bisher ersetzt die rund 400.000 Euro teure Anlage den menschlichen Pförtner vor allem nachts und an Sonn- und Feiertagen - sie soll unter anderem in den weniger frequentierten Zeiten Personal sparen. Bis zu 200 Mitarbeiter werden täglich in den sensiblen Bereich im Innern des Meilers geschleust, insgesamt kennt der elektronische Pförtner rund 2500 Gesichter. "Das Gerät hat sich bewährt - es hat noch nie jemanden hineingelassen, der nicht hineingehört", resümiert der Strahlenschutzbeauftragte.

Weil der Schwellenwert für die Gesichtserkennung im Atommeiler sehr hoch eingestellt ist, kommt es allerdings gelegentlich vor, dass der Computer auch Angestellten mit Zugangsberechtigung den Einlass verweigert. Ein Mitarbeiter der Abteilung Strahlenschutz wird dann in der Nacht aus dem Bett geholt, um wie gehabt persönlich die Berechtigung zu checken. "Das menschliche Gehirn ist flexibler als das elektronische", erläutert Lasch. "Es erkennt: 'Der Mann hat jetzt eine andere Brille' oder 'er lässt sich gerade einen Dreitagebart wachsen' - der Computer merkt nur: 'Er sieht anders aus'."

Das Geschäft mit der Biometrie boomt. Seit den Terroranschlägen in den USA ist das Interesse groß wie nie. Allein das Bochumer Unternehmen ZN Vision Technologies, das die Anlage für Gundremmingen entwickelt hat, rüstete bereits große Firmen, die drei Berliner Flughäfen, Gefängnisse, eine Schlachterei und sogar ein Fitness- Studio mit einem elektronischen Türsteher aus. Bei Spielcasinos gebe es bereits eine andere Variante der Gesichtserkennung, bei der eine Kamera aus dem Besucherstrom heraus Spieler mit Hausverbot identifiziere, berichtet Unternehmenssprecher Michael von Foerster. Auch von Landeskriminalämtern und den Landespolizeibehörden gebe es starke Nachfrage.

Außer mit bestimmten Merkmalen im Gesicht kann die Identität auch über die Iris im Auge, den Fingerabdruck oder den Handflächenabdruck eindeutig festgestellt werden. Seit Anfang November etwa ist die Säuglingsstation des Städtischen Krankenhauses von Bad Reichenhall per Iris-Kontrolle vor unliebsamen Besuchern geschützt. Künftig soll auch der Personalausweis mit einem zusätzlichen biometrischen Merkmal ausgestattet werden, wahrscheinlich dem Fingerabdruck. Dazu laufen derzeit noch Untersuchungen des Bundesinnenministeriums.

Bei Grenzkontrollen und auf Flughäfen kann die neue Technik schon jetzt das Erkennen gefälschter Papiere und die Fahndung nach Kriminellen in neuem Umfang ermöglichen. Ein Computer vergleicht die Details eines Gesichts in Sekundenschnelle mit dem Pass- oder Fahndungsfoto - so genau und schnell kann kein Grenzbeamter kontrollieren.

s.a.: Japan testet biometrisches Check-in-Verfahren (PC-WELT Online, 06.11.2002)

Quelle: PC Welt

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