Die Schweiz hat im Bereich E-Government anbelangt den Anschluss an Europa verloren. Zu diesem Schluss kommt eine St.Galler Studie. In den Amtsstuben und in der Politik sei die Bedeutung des Online-Service noch nicht erfasst worden. Gemäss dem jüngsten dem jüngsten «E-Government-Barometer», dem dritten seit 2002, hat sich das Angebot an Online-Dienstleistungen bei Bund, Kantonen und Gemeinden in den letzten zwei Jahren kaum verändert. Die Politik stehe dem Thema «wohlwollend gleichgültig» gegenüber, erklärte Kuno Schedler, Direktor des Instituts für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen, bei der Präsentation der Studie. Die Vorteile würden unterschätzt.
So verfügen zwar 74 Prozent der Gemeinden über eine Website und mit 98 Prozent kann per E-Mail kommuniziert werden. Die meisten Gemeinden mit Website haben aber keine E-Government-Strategie und betrachten E-Government für die Verwaltungsführung als nicht zentral. So setzen die Gemeinden ihre Websites stark als Informationsplattformen für das öffentliche Leben ein. Dabei ist es kaum möglich, online Formulare auszufüllen oder gar ganze Transaktionen zu vollziehen.
Ruck notwenig
Die Nutzung der technischen Möglichkeiten nehme nur langsam, aber dennoch auf breiter Basis zu, sagte Schedler. Alle würden etwas machen, vom Fleck kämen aber nur Wenige. Das Potenzial für eine raschere Entwicklung wäre in den Verwaltungen vorhanden, hielt Schedler fest. Man könnte loslegen. Für den nötigen Schritt nach vorne brauche die Schweiz dringend eine für alle Gemeinwesen gültige E-Government-Strategie.
Ein Problem bilden gemäss der Studie die Finanzen. 50 Prozent der Gemeinden geben für ihre Informatik (Verwaltung und E- Government) jährlich weniger als 22'000 Franken aus. Hier rufen die Autoren der Studien zu Verbundlösungen auf. Die Kantone könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Schedler forderte eine politische Führung für die Entwicklung von E-Government, denn kleine Gemeinden könnten dieses Instrument nicht selbst finanzieren.
Kosten sparen
Mit E-Government lassen sich laut der Studie Kosten sparen, sofern das Potenzial für Rationalisierungen ausgenutzt wird. Doch auch die Leistungsqualität könne erheblich verbessert werden.
Ein Problem bildet das rechtliche Umfeld. Stichworte sind hier die elektronische Unterschrift oder der Datenschutz. Allgemeine gültige Standards werden vermisst. Auch hier könnte eine gemeinsame Strategie Abhilfe schaffen.
Röstigraben
Laut der Studie sind vor allem kleine Gemeinden beim E- Government unterentwickelt. Und es zeigt sich, dass der Anteil der Gemeinden mit Websites in den lateinischen Kantonen klar tiefer ist als in der Ostschweiz. Die grosse Ausnahme ist Genf.
Die Studie beruht auf Fragebögen, die an Gemeinden, Kantone und den Bund sowie an einzelne Amtsstellen verschickt wurden. Sie bestätigt internationale Rankings, gemäss denen die Schweiz beim E-Government in Europa zu den Entwicklungsländern gehört.
Autor: (sda)
Quelle: NZZ Online, 22.03.2005