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Erstmals Abstimmung auch über eidgenössische Vorlagen per Internet

Abstimmen per Internet: Damit haben die Stimmberechtigten der vier Genfer Gemeinden Anières, Cologny, Carouge und Meyrin bereits Erfahrungen gesammelt. Dieses Wochenende können sie am Computer aber erstmals nicht nur über Gemeindebelange, sondern auch über die nationalen Vorlagen abstimmen. Das ist eine Schweizer Premiere, die auch im Ausland interessiert. Über die erste gültige Internet-Abstimmung in der 2000-Seelen-Gemeinde Anières Anfang 2003 liessen sich Berichterstatter von New York bis Peking informieren. Zur Veranstaltung am Abstimmungssonntag, an der auch Bundeskanzlerin Annemarie-Huber Hotz teilnehmen wird, lädt die Genfer Staatskanzlei in Erwartung internationaler Medien darum nicht nur auf Französisch, sondern zusätzlich auf Englisch ein.

Viel Geld für wenig Nutzen?

Die Abstimmung in Genf ist Teil eines Projekts, mit dem der Bund abklären will, ob die elektronische Stimmabgabe in der Schweiz technisch und organisatorisch machbar ist und ob für diesen dritten Weg neben der persönlichen und der brieflichen Stimmabgabe überhaupt ein Bedürfnis vorhanden ist. Fünf Millionen Franken hat das eidgenössische Parlament an die Projektkosten gesprochen, rund eine Million tragen die am Test beteiligten Kantone Genf, Neuenburg und Zürich, die auch die Personalkosten berappen. Während die Projektkantone die Tests mit grossem Enthusiasmus vorantreiben, melden sich aus anderen Kantonen Kritiker zu Wort. So beurteilt etwa der Basler Beauftragte für E-Government, Juri Weiss, die Investitionen für die elektronische Stimmabgabe als zu hoch. Die Stimmbeteiligung wachse damit kaum, sagte er gegenüber der «Basler Zeitung». Und Kuno Schedler von der Uni St. Gallen sprach in der «NZZ am Sonntag» von einer «teuren, aus heutiger Sicht in der Praxis wenig nützlichen Investition».

Viel Geld für wenig Nutzen also? Für Daniel Brändli, Projektleiter «vote électronique» bei der Bundeskanzlei, ist es zu früh, um diese Frage zu beantworten. Bis Ende nächsten Jahres soll in den drei Testkantonen über nationale Vorlagen abgestimmt werden, bis Ende der laufenden Legislatur sollen dann alle Zahlen verfügbar sein, damit das Parlament im Jahr 2007 entscheiden kann, ob die elektronische Stimmabgabe eingeführt werden soll oder nicht. Dabei ist sich Brändli bewusst, dass sich die Situation in den letzten vier Jahren verändert hat. Der «Super-Hype» um das Internet hat sich abgekühlt, die finanziellen Mittel sind knapper geworden.

Attraktiv für Neuwähler?

Ob und wie stark sich die Stimmbeteiligung so erhöhen lässt, ist umstritten. 9 bis 16 Prozent Zuwachs erwartet eine Studie der Uni Genf, maximal 2 Prozent eine im Auftrag des Bundes gemachte Untersuchung der Uni Bern. Erste Hinweise liefert eine gemeinsam von der Uni St. Gallen und der Uni Genf durchgeführte Analyse der Abstimmungen von Carouge und Meyrin. Gemäss dieser beteiligen sich über 80 Prozent der Internet-Stimmenden bereits regelmässig an Wahlen und Abstimmungen. Das neue Medium zog aber auch Gelegenheitswähler und bisherige Nichtwähler an: In Carouge stimmen 10 Prozent der Internet-Nutzer gelegentlich ab, 2 Prozent haben noch gar nie abgestimmt. In Meyrin beträgt der Anteil Gelegenheitswähler 15, jener der Neuwähler 1 Prozent. Genutzt haben die neue Möglichkeit knapp 26 Prozent aller Stimmenden in Carouge, 22 Prozent in Meyrin. Hauptsächlich genutzt wurde die Möglichkeit von 30- bis 49-jährigen.

Autor: Denise Lachat Pfister

Quelle: Oltner Tagblatt, 25.09.2004

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