Wie schon bei E-Government will Österreich auch bei der Umsetzung von E-Health als Vorreiter in Europa fungieren. Während für die Realisierung der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) noch einige Weichen gestellt werden müssen, soll bereits im Herbst 2010 ein erstes überregionales Pilotprojekt zum Thema E-Medikation starten. In drei Regionen der Bundesländer Wien, Salzburg und Tirol ist versuchsweise ein System geplant, das von Praxen, Spitäler und Apotheken ausgegebene Medikamente elektronisch erfasst.
Weg bleibt steinig
Dass der Weg zum E-Health-Musterland jedoch weiterhin ein steiniger bleibt, zeigte eine von Conect organisierte Expertentagung zum Thema heute, Donnerstag, in Wien. Denn wesentliche Fragen zu den Themen Finanzierung, Datenschutz und Haftung bleiben weiter ungelöst. In einem Punkt waren sich die Vertreter der Ärzte- und Apothekenkammer sowie des Krankenanstaltenverbunds allerdings einig. Die geplante E-Medikation kann wesentlich dazu beitragen, um Komplikationen bei Mehrfachmedikationen sowie unbeabsichtigte Doppelmedikationen zu verhindern.
"E-Medikation sorgt für eine Qualitätsverbesserung im Gesundheitswesen und kann im besten Fall Leben retten und Kosten sparen. Damit das System funktioniert, muss jedoch die Einbindung in bestehende Arzt- und Apothekersoftware gewährleistet sein", sagt Wolfgang Gerold vom Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). Gerold glaubt, dass sich die politischen Verantwortungsträger der Notwendigkeit von Investitionen im Bereich E-Medikation und ELGA bewusst sind. Vollständig geklärt sei die Finanzierung bisher allerdings noch nicht, so Gerold im Gespräch mit pressetext.
Über 70 Arzt-Software-Anbieter
Gerade dieser Punkt bereitet niedergelassenen Fachärzten und Allgemeinmedizinern allerdings Kopfzerbrechen. "Wir halten mittlerweile bei über 70 Arzt-Software-Lösungen, die in den österreichischen Praxen eingesetzt werden. Die Implementierung der E-Medikation in all diese Systeme wird eine riesige Herausforderung", meint Johannes Steinhart von der Wiener Ärztekammer. Steinhart warnt davor, die Problematik und die damit anfallenden Kosten den Ärzten aufzubürden.
In diesem Zusammenhang weisen die Ärztekammer-Vertreter zudem auf die nach wie vor ungelöste Datenschutz- und Haftungsproblematik hin. "Alles, was wir jetzt falsch machen, wird später fatale Konsequenzen haben", mahnt Artur Wechselberger von der Österreichischen Ärztekammer. "Immerhin geht es bei der Aufzeichnung von Medikationen um äußert sensible Informationen, deren missbräuchliche Verwendung in jedem Fall verhindert werden muss."
Datenschutz bleibt wichtigstes Thema
"Die potenzielle Schadenswirkung, die von einer systemisch verknüpften elektronischen Lösung im Vergleich zu einer isolierten Praxislösung ausgeht, ist natürlich enorm. Leider wurde die juristische Haftungssituation für die einzelnen Praxen bis heute noch überhaupt nicht angesprochen", ergänzt Steinhart. Neben den technologischen Möglichkeiten gehe es auch um eine gesellschaftliche Diskussion. So müsse sich die Öffentlichkeit im Klaren werden, wie viel Transparenz an Daten sie "vertrage". "In Skandinavien herrscht etwa ein viel offenerer Umgang auch mit sensiblen Daten. Gleichzeitig werden diese etwa im Arbeitsumfeld auch nicht gegen einen verwendet."
Die positive Entwicklung hinsichtlich der technologischen Umsetzung und der Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft betont hingegen Betina Halmschlager von der Phramazeutischen Gehaltskasse. Halmschlager verwies auf die Erfahrungen, die mit dem Vorläufer-Projekt für die E-Medikation - dem Arzneimittel-Sicherheitsgurt in Salzburg - gewonnen werden konnten. Auch sie plädiert jedoch dafür, bei der ELGA-Implementierung Vorsicht walten zu lassen und diese für Patienten so sicher wie möglich zu gestalten.
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Autor(en)/Author(s): Martin Jan Stepanek
Quelle/Source: pressetext, 19.11.2009
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