Heute 28

Gestern 527

Insgesamt 39694562

Samstag, 23.11.2024
Transforming Government since 2001
Tausende könnten einen Autounfall überleben, wenn die Hilfe rechtzeitig käme. eCall heißt das Notrufsystem der nahen Zukunft.

Jedes Jahr sterben in Europa 50.000 Menschen im Straßenverkehr. Bis zu 7000 hätten überleben können, wenn der Rettungsdienst früher am Unfallort gewesen wäre. Tausende leiden an den Folgen schwerer Unfallverletzungen, die bei einer schnelleren Hilfe verhindert worden wären. Die Lösung des Problems heißt jetzt "eCall". In Neuwagen soll ab 2009 europaweit das Notrufsystem "eCall" eingebaut werden. Sobald ein Auto verunglückt, löst es automatisch einen Notruf aus. Die nächstgelegene Rettungszentrale wird alarmiert und über den Unfallort informiert, im Idealfall kann das Opfer auch noch eine genauere Beschreibung des Unfalls geben.

Die Europäische Kommission arbeitet seit zwei Jahren an diesem Projekt, das am Donnerstag (27.4.2006) nahezu einstimmig vom Europäischen Parlament angenommen wurde. Bereits sieben Länder haben das Memorandum unterzeichnet, fünf weitere sind dazu bereit und es werden sicherlich mehr werden. Die EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien Viviane Reding ist für das Projekt eCall zuständig. Sie hofft, dass auf lange Sicht alle europäischen Länder das neue Notrufsystem einführen, um die Zahl der Unfallopfer auf Europas Straßen zu verringern.

Europaweites Rettungssystem

Eine weitere Erleichterung bietet die europaweite Notrufnummer 112. Sie ist bereits im Einsatz und soll verhindern, dass lebensrettende Hilfe daran scheitert, dass die jeweilige Notrufnummer eines Landes nicht bekannt ist. Als E-112 soll sie nun in das eCall-System integriert werden. Dafür bedarf es allerdings einer entsprechenden technischen Aufrüstung der Notrufzentralen der jeweiligen Länder. Viviane Reding betont, dass es von besonderer Wichtigkeit ist, dass das 112-Notrufnetz einwandfrei funktioniert: "Wenn jemand nachts auf einer verschneiten Straße mitten im Wald verunglückt und das eCall-System hat, dann muss das Netz wirksam sein, damit der Rettungsdienst ihn auch finden kann".

Die Einführung eines solchen Systems ist nicht einfach und kostenaufwändig, meint Bernhard Labudek, vom ADAC München: "Der ADAC könnte das theoretisch leisten, aber für eine flächendeckende Einführung bedarf es großer Investitionen" Der ADAC nutzt ein ähnliches System bereits seit Jahren selbst für seine Einsatzfahrzeuge und ist so immer über den Standort seiner Wagen informiert. Im Falle des eCall-Systems wäre dies allerdings nicht der Fall, Datenschutzbedenken sind also überflüssig, wie Labudek betont. Lediglich im Moment des Unfalls wird das Signal zum Beispiel in Kombination mit dem Airbag ausgelöst, sonst ist das Auto nicht zu orten.

Lebensretter der Zukunft

In diesem Jahr beginnen bereits die Pilotphasen mit eCall, im folgenden Jahr sollen dann die eventuell aufgetretenen Probleme soweit evaluiert und behoben sein, dass das Notrufsystem ab dem Jahr 2009 nicht nur einsetzbar, sondern am besten auch verpflichtend für alle Autofahrer ist. Dies ist aber noch Zukunftsmusik. Wenn sich das System durchsetzt, so wird eCall für jeden finanzierbar sein, meint die EU-Kommissarin: "Wir hoffen, dass durch eine hohe Produktion die Kosten so stark gesenkt werden, dass sich der Preis für eCall auf 150€ belaufen wird."

ECall kann also Leben retten, schlimmere Verletzungen verhindern und zudem zu Kosteneinsparungen auf mehreren Ebenen führen. Die Kosten, die durch Autounfälle und ihre Folgen in Europa verursacht werden, liegen bei 50 Milliarden Euro, wie Reding sagt. Wenn die Kosten in diesem Bereich eingespart werden können, so erscheint die Investition in dieses neue Notrufsystem durchaus sinnvoll. Vielleicht wird in wenigen Jahren eCall ein ebenso selbstverständlicher Teil des Autofahreralltags sein, wie es inzwischen Airbags oder die Gurtpflicht geworden sind. Tausenden von Menschen könnte es großes Leid ersparen.

Autor: Irène Bluche

Quelle: DW-World Deutsche Welle, 27.04.2006

Zum Seitenanfang