Die Landeshauptstadt Stuttgart vollzieht einen einmaligen Schritt zum Bürokratieabbau: Ab dem 1. Januar 2005 soll ein Großteil der internen Regelungen außer Kraft treten.
Mit dem Zusammenstreichen der Vorschriften soll die Stadtverwaltung modernisiert und damit der Service für die Bürger weiter verstärkt werden. Erste Ergebnisse stellten Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster und der Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser, Klaus-Peter Murawski, am Mittwoch in einem Pressegespräch vor. "Wer heute den Abbau bürokratischer Hürden nicht als wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Bürgernähe begreift, läuft in die falsche Richtung", betonte der Oberbürgermeister. "Mittlerweile gibt es zu viele Vorschriften, die keiner kennt und daher auch nicht befolgen kann."
Die Referentenrunde und die Ämter der Stadtverwaltung haben bereits seit einigen Monaten geprüft, ob die rund 250 internen Vorschriften und Regelungen der Stadtverwaltung weiterhin notwendig sind. Ausgenommen von der Überprüfung wurden nur Regelungen, die durch Gesetzgebung, Rechtssprechung oder für die Aufrechterhaltung der Verwaltung zwingend notwendig sind.
Zu diesen 250 Vorschriften, die derzeit in Kraft sind, gehören Dienstvorschriften und verschiedenste Rundschreiben mit allgemein gültigen internen Regelungen. Die fachspezifischen Regelungen, die nur für ein Amt gelten, sind in dieser Liste nicht mit eingerechnet. Die Referentenrunde hält nur rund 25 der 250 internen Vorschriften für unverzichtbar. Die restlichen 90 Prozent, bis zu 225 Regelungen, könnten wegfallen.
"In der Vergangenheit wurden häufig Einzelfalllösungen immer wieder zum Anlass genommen, eine Frage ein für alle Mal und generell für jeden zu lösen", erläutert Murawski. "Viele Sachverhalte tauchen in den unterschiedlichsten Vorschriften auf und werden je nach Perspektive und Federführung mehrfach geregelt. Das halte ich für überflüssig."
Beispiele für komplizierte, widersprüchliche oder mittlerweile überholte Vorschriften finden sich zahlreich. Oftmals sind Fragen, etwa datenschutzrechtliche Regelungen bezüglich EDV, doppelt geregelt.
Interne Prozesse wurde so oftmals schwerfällig und langwierig. Auch der Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern wurde komplizierter und aufwändiger. "Dem müssen wir entschieden entgegenwirken", so Schuster. "Um bürokratische Hürden zu beseitigen, ist Deregulierung gefragt."
"Besonders veraltete Vorschriften sind Ballast und müssen schnellstmöglich aus dem Bestand entfernt werden", so Murawski. Hierzu zählt beispielsweise die Vorschrift über die "Einführung abfallarmer und umweltfreundlicher Farbbänder für Schreibmaschinen". Auch die Vorschrift "Büroautomation - Textverarbeitung", die längst überholte technische Gegebenheiten regelt, kann wegfallen. Ebenso die "Dienstanweisung zum Gebrauch von Faxgeräten" ist heute überflüssig, da im Büroalltag der Umgang mit Faxgeräten jedem gebräuchlich ist.
Für die Zukunft schlägt Schuster vor, den "Vorschriftenballast" von vorne herein zu vermeiden. "Ich könnte mir vorstellen, Regelungen mit einem "Verfallsdatum" zu versehen." "Bürokratieabbau darf sich nicht in einer Einmalaktion erschöpfen, sondern wird sich als Daueraufgabe etablieren", unterstrich auch Murawski.
Vorschriftenabbau - Ein Baustein der Verwaltungsreform
Der Abbau von bürokratischen Hürden ist nur ein Baustein der Verwaltungsreform. Der Gemeinderat beschloss bereits 1998 als zentrale Ziele die Bürgerorientierung und die Steigerung der Effektivität und Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Der bürgerfreundliche Dienstbetrieb soll über eine schlanke und effektiv arbeitende Verwaltung hergestellt werden.
Dazu zählt der Bürgerservice Stuttgart, den es seit Oktober 1999 in allen Stadtbezirken gibt. Das Angebot an Dienstleistungen in den Bürgerbüros wurde von 33 auf 56 erhöht. Zudem wurden die Öffnungszeiten des Bürgerservice verlängert - mit Erreichbarkeit in der Mittagspause und auch in den Abendstunden. Der Bürgerservice Stuttgart bietet auch Schwerpunkte wie Bürgerservice Soziale Leistungen, Bürgerservice Leben im Alter sowden Bürgerservice Bauen.
Die Grundidee hierbei ist, dem Bürger durch zielgenaue Information, Beratung und integrierte Serviceleistung entgegenzukommen und ihm umständliche Behördengänge zu ersparen. Die kurzen Wege und die gute Erreichbarkeit waren einer der Kernpunkte für die sehr gute Platzierung beim Ranking der Wirtschaftswoche zwischen deutschen Großstädten.
Darüber hinaus ist eine schlanke Verwaltung, die effizient arbeitet, auch aus Kostengründen erforderlich. Darauf hat die Landeshauptstadt mit den notwendigen Organisationsänderungen und einem angepassten Stellenbestand reagiert: Der Stellenplan 2005 weist gegenüber dem von 1992 rund 1.300 Stellen weniger auf.
Mit Beginn der Haushaltskonsolidierung sind ab 1. Januar 1993 zwar rund 2.900 Stellen abgebaut worden, gleichzeitig wurden jedoch im Bereich Kindertagesstätten und Schulen rund 1.600 Stellen neu geschaffen.
Durch interne Prozess- und Strukturoptimierungen und Abbau von internen Standards und Aufgaben wurden neue Freiräume geschaffen. In der Summe betrachtet waren es seit 1993 über 300 organisatorische Veränderungen und Einzelmaßnahmen. Die Struktur der Stadtverwaltung hat sich dadurch in den letzten zehn Jahren deutlich verändert.
Organisationsänderungen ergaben sich auch durch die Zusammenlegung von Ämtern. So wurden beispielsweise das Hauptamt und das Personalamt, das Gartenbauamt und das Friedhofsamt, das Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen sowie das Amt für Stadterneuerung und das Stadtplanungsamt wurden jeweils zu einem Amt zusammengelegt. Das Amt für Verteidigungslasten wurde aufgelöst. Andere Ämter wurden in bestehende Organisationseinheiten eingegliedert. Das Ausgleichs- und Versicherungsamt kam ins Sozialamt, das Chemische Untersuchungsamt ins Amt für Umweltschutz und das Presse- und Informationsamt zur Stabsabteilung Kommunikation.
Quelle: Pressemitteilung der Landeshauptstadt Stuttgart, 24.09.2004