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Prado: "Cyberspace ist geografisches Zentrum der Welt"

Bei einer gestern, Montag, in Wien stattgefundenen Diskussionsveranstaltung zum Thema "Freie Softwarepolitik in Brasilien - Ein Ansatz für Europa" hat Claudio Prado, Vertreter des brasilianischen Kulturministeriums, Einblick in die IT-Strategien seines Landes gewährt. Brasilien gilt seit dem Amtsantritt von Lula da Silva als Vorreiter-Land beim Einsatz von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung. Hunderte von der Regierung gesponserte Hotspots ermöglichen auch unterprivilegierten und ärmeren Bevölkerungsschichten Zugang zu Breitband-Internet und freier Software.

"Durch die digitale Revolution ist im sogenannten Cyberspace ein völlig neues geografisches Zentrum der Welt entstanden", meinte Prado mit dem Hinweis, dass das Internet Menschen Orts- und Einkommens-unabhängig Zugang zu Informationen ermögliche. "Besonders interessiert sind wir dabei allerdings nicht an einem konsumierenden Download-Verhalten sondern an der aktiven Partizipation der Anwender über den Upload eigener Inhalte und Informationen", so der brasilianische Koordinator für Digitale Kultur gegenüber pressetext. Prado und seine Mitstreiter sind davon überzeugt, dass Open-Source-Software Ausdruck und Beispiel für die produktive Kraft ist, die aus diesen gemeinschaftlichen Kommunikations- und Kollaborationsvorgängen gewonnen werden kann.

Das Thema Copyrights müsse im 21. Jahrhundert allerdings komplett anders behandelt werden. "Natürlich stellen produzierte Inhalte weiterhin das Eigentum der Urheber dar. Gleichzeitig müssen sich diese aber auch bewusst sein, dass das Copyright ihnen heute nicht mehr helfen wird, um Geld zu verdienen", so Prado. Unbekannte Musiker würden angesichts minimaler Beteiligungen bei traditionellen Plattenverträgen mehr Geld verdienen, wenn sie ihre Musik kostenlos ins Internet stellen, eine Fangemeinde aufbauen und schließlich auf Konzerttournee gehen, nannte Prado ein Beispiel für völlig neue Geschäftsmodelle.

Eva Lichtenberger, Abgeordnete des Europäischen Parlaments für die Grünen, die als Veranstalter des Diskussionsabends auftraten, meinte, dass die brasilianische Situation naturgemäß nicht 1:1 auf Europa umlegbar sei. Für die europäische IT-Politik erachtet sie den Zugang Brasiliens zur digitalen Welt aber durchaus als vorbildhaft. "Abseits der zumeist negativ geführten Diskussion um Patentrechte, Copyright-Verletzungen, illegale Downloads und Internet-Beschränkungen brauchen wir unbedingt auch einen positiven Entwurf, der klar macht, worin die unschätzbaren Vorteile des Internets in Bezug auf Informations-, Kommunikations- und kreative Gestaltungsmöglichkeiten für unsere Gesellschaft liegen", so Lichtenberger.

Autor/Author: Martin Stepanek

Quelle/Source: Pressetext Deutschland, 09.05.2006

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