Der frühere Leiter des Hagener Betriebes für Informationstechnik (HABIT), der nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst Lehrbeauftragter an der Fernuniversität Hagen ist, plädiert für die Modellierung von Selbstbedienungsprozessen in den Bürgerämtern. "Wir haben doch das gleiche Equipment", erklärte er; "die Infrastruktur aus elektronischem Personalausweis, eID, und PIN für die Freischaltung der eID entspricht der seit Jahren bei vielen Nutzern vorhandenen Ausstattung zur Selbstbedienungsabwicklung von Geldgeschäften bei Banken und Sparkassen." Damit eröffne sich die Möglichkeit, Bürgern auch unabhängig von einem eigenen Internetzugang die Dienstleistungen der Verwaltung an SB-Terminals in öffentlichen Gebäuden oder in den Geldinstituten anzubieten. "Das Problem wird sicherlich sein, wie wir die Sicherheitsinfrastruktur, die beim Sachbearbeiter angesiedelt ist, zehn Meter weiter an ein SB-Terminal bringen."
Die Stadt Hagen gehörte bereits zu den 30 Teilnehmern an den Pilotversuchen zum elektronischen Personalausweis; das Hagener E-Government-Konsortium, an dem sich die Stadtverwaltung, HABIT, die Fernuniversität, SAP und zwei kleinere Unternehmen beteiligen, ist auch in dem jetzt begonnenen offenen Feldtest der eID aktiv. Zu den Dienstleistungen, die dort im Rahmen von SB-Prozessen geprüft werden, gehört zunächst einmal das Management der eID-Funktion selbst – wie beispielsweise das Aktivieren oder Deaktivieren dieses optionalen Features auf dem neuen Ausweis – darüber hinaus aber auch Vorgänge aus dem 'Massengeschäft' der Kommunalverwaltung: An- oder Ummeldung des Wohnsitzes, die Erteilung von Melde- und Aufenthaltsbescheinigungen, die Beantragung eines Anwohnerparkausweises und dergleichen mehr.
Klinger hält diese Entwicklung aus der Sicht der Kommunen für unabdingbar, auf die gerade durch den elektronischen Personalausweis zusätzliche Belastungen zukommen. "Da sind Entlastungen bei den bestehenden Aufgaben notwendig." Außerdem seien 30 Prozent der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung über 50 Jahre, und es sei nicht anzunehmen, dass die ausscheidenden Mitarbeiter in vollem Umfang durch Neueinstellungen ersetzt werden. Auch dies mache weitere Rationalisierungen erforderlich.
Eine Hürde ließe sich dadurch aus dem Weg räumen, indem der Gesetzgeber die in einfachen kommunalen Massenverfahren vielfach noch geltende Anforderung der Schriftform neu definiere; dann würde es möglich, die bei der Transformation auf den elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr nötige, bei den Bürgern bislang jedoch kaum verbreitete qualifizierte elektronische Signatur durch die Identifizierung per eID und PIN zu ersetzen. "Wir hoffen, dass sich das im weiteren Gesetzgebungsverfahren ein bisschen lockert", erklärte Klinger. "Dann hätten wir es noch einfacher, kommunale Verwaltungsverfahren zu digitalisieren". Bei den Massendienstleistungen der Banken und Sparkassen legten die Bürger "seit Jahrzehnten in Milliarden von Fällen" doch auch andere Kriterien an: "Nach sicherer Identifikation durch die Geldkarte und die PIN bekommen wir Geld, überweisen wir Geld und drucken unsere Kontoauszüge aus, ohne dafür jedesmal irgendetwas unterschrieben zu haben".
Siehe dazu auch:
- Lob und Tadel für den elektronischen Personalausweis
- Elektronischer Personalausweis: Hart im Zeitplan
- Der ePA ist tot, es lebe der "neue Personalausweis"
- Digitaler Identitätsnachweis, Der elektronische Personalausweis soll Sicherheit und Komfort bringen
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Autor(en)/Author(s): (Richard Sietmann) / (jk)
Quelle/Source: Heise online, 22.01.2010
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